Ohne Sachkenntnis kann es gefährlich werden

„Wer vorwärts aussteigt, der fliegt durch, nur damit das klar ist“, damit meint es Heinz Ehrmann sehr ernst. Der 69-jährige Fachdozent für Abbruch und Baumaschinen im Hoch- und Tiefbau weiß, was alles schiefgehen kann, wenn auf der Baustelle nicht ordentlich gearbeitet wird. Sein Wissen hat er nun in dem Lehrgang zum sogenannten geprüften Abbruchbaggerfahrer in Gescher-Hochmoor auf dem Gelände der Firma Heermann Abbruch weitergegeben. Im Mittelpunkt standen Sicherheit und das technisch-fachliche Know-how.

„Die größte Gefahr besteht darin, dass man sich selbst oder die Kollegen verletzt – und wenn im Abbruch nicht mit Sachkenntnis gearbeitet wird, kann es sehr gefährlich werden: Man muss die Statik genau kennen, damit nicht zum Beispiel plötzlich eine Seitenwand auf die Straße fällt“, so der Dozent. Auch dass bei einem Abbruch einer Wand plötzlich ein Aktenschrank oder ein Schreibtisch hinterherflog, hat der gelernte Kfz-Meister bereits erlebt. Und schon beim Ausstieg aus dem Bagger kann es zu heftigen Verletzungen kommen, wenn Baggerführer sich nicht an die Regel halten, rückwärts auszusteigen. „Ich habe da Unfälle gesehen, abgerutscht vom Trittbrett, da war die ganze Haut vom Schienbein abgezogen, also es passieren sehr viele Unfälle beim Be- und Entsteigen von Maschinen.“

Lehrgangsleiter Heinz Ehrmann mit Teilnehmern des Lehrgangs zum geprüften Abbruchbaggerfahrer. Fotos: Deutscher Abbruchverband

Für den 22-jährigen Andreas Noll aus Alfeld an der Leine erst mal ungewohnt, sich ganz umzudrehen, bevor er aussteigt – gerade bei dem kleinen Bagger, an dem er gerade übt: „Gar nicht so einfach, wenn man jetzt nicht richtig schlank ist“. Aber er sieht es ein, sicherer ist es auf jeden Fall. Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) informiert und klärt auf, um Unfälle auf Bau- und Abbruchbaustellen möglichst zu verhindern. Dies unterstützt die DA Service GmbH als Tochter des Deutschen Abbruchverbandes mit ihren Lehrgängen. Diese bietet etwa Lehrgänge zum geprüften Abbruchbaggerfahrer und zum geprüften Longfrontbaggerfahrer an.
Gerade das Thema Sicherheit komme auf Abbruchbaustellen oft zu kurz, so Heinz Ehrmann, deshalb hat er es in dem Lehrgang mit den Teilnehmern intensiv besprochen. Weitere Themen: Wie fahren Bauarbeiter mit dem Bagger im öffentlichen Straßenverkehr, und wie bekomme ich gerade größere Bagger sicher auf einen Tieflader? Und: Wie wechselt man die Anbaugeräte zum Beispiel von einem Baggerlöffel zu einer Schere sicher, schnell und materialschonend?

Denn hier können für die Arbeitgeber große Kosten entstehen. Ein sachkundiger Umgang mit dem Gerät vermeidet Beschädigungen und damit Ausfall an der Baustelle. 16 Baggerfahrer zwischen 21 und Mitte 50 waren aus ganz Deutschland zum Lehrgang angereist. Allerdings durften nur Baggerfahrer teilnehmen, die mindestens drei Jahre Praxiserfahrung haben und deren Arbeitgeber im Deutschen Abbruchverband e.V. (DA) Mitglied und bei der BG Bau versichert sind. Dafür wird die Schulung der DA Service GmbH vom Deutschen Abbruchverband e.V. und von der BG Bau bezuschusst.

Der Lehrgang endet mit einer theoretischen und praktischen Prüfung. Diesmal haben alle Prüflinge bestanden und damit das Zertifikat des geprüften Abbruchbaggerfahrers in Form einer Scheckkarte erhalten. Das Zertifikat wird von der DA Service GmbH, dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der BG Bau ausgestellt. Zwar ist es noch keine Voraussetzung, um im Abbruch arbeiten zu dürfen. Aber gerade für den Rückbau von Gebäuden sind besondere Fähigkeiten und Kenntnisse nötig, so Dozent Heinz Ehrmann. Der Vorteil des Zertifikats: Bei öffentlichen Ausschreibungen wird es zunehmend verlangt. Im Falle eines Unfalls beweist es zudem der Berufsgenossenschaft, dass der Baggerführer geeignet und geschult ist, die Maschine zu führen.

März/April 2023