Baustellenverkehr zukünftig besser planen

Hohe Emissionsbelastungen, Staus und Lärmbelästigung prägen vielerorts die innerstädtischen Verkehrswege – mit ungünstigen Auswirkungen auf Umwelt, Verkehrssicherheit und Gesundheit der Anwohner. Bei der Entwicklung nachhaltiger Konzepte für den Stadtverkehr rücken daher auch die zahlreichen Transportfahrten zu und weg von einer Baustelle in den Fokus. Doch das Problem: Für fundierte Entscheidungen darüber, wie diese zukünftig besser koordiniert und gebündelt werden könnten, gibt es kaum brauchbare Daten. Mit dem Forschungsprojekt STArLOG soll sich das ändern. Wissenschaftler der Bergischen Universität Wuppertal wollen darin gemeinsam mit ihren Praxispartnern Datenstandards für die Baustellenlogistik entwickeln und auf ihre Anwendbarkeit überprüfen.

„Es gehört zum Tagesgeschäft auf Baustellen, dass mehr als ein Drittel der für einen Tag angekündigten Lieferungen nicht eintrifft. Andersherum erscheinen nicht selten doppelt so viele Fahrzeuge wie für den Tag erwartet. Solche unangemeldeten Lieferungen werden in der Regel nicht nacherfasst. Eine vorausschauende Planung und Steuerung der Baustellenlogistik ist so nicht möglich“, weiß Verkehrsingenieurin Sabrina Puslat aus dem Lehr- und Forschungsgebiet Güterverkehrsplanung und Transportlogistik an der Bergischen Universität Wuppertal. Auch stellten fehlende Angaben zur Art des angelieferten Materials und zu seinen Mengen eine Herausforderung bei der Verbesserung der Zu- und Abfahrten dar. Zwar verfügen Unternehmen für das Feld der Baustellenlogistik bereits über Tools zur Erfassung von Daten, die eine Lieferung ankündigen, jedoch unterscheiden sich beispielsweise Software, die abgefragten Informationen sowie deren Handhabung von Firma zu Firma. Der Branche, erkennen die Wissenschaftler, fehlt neben einer einheitlichen Struktur zur korrekten Datenerhebung ebenfalls ein Konsens darüber, welche Daten wichtig sind, um die Ver- und Entsorgung von Baustellen bestmöglich zu steuern. Den Städten wiederum fehlen belastbare Informationen, mit denen sie das Verkehrsaufkommen von großen Baustellen vor dem Baubeginn abschätzen und die städtische Verkehrssteuerung entsprechend vorbereiten können.

Wissenschaftler der Bergischen Universität Wuppertal wollen gemeinsam mit Praxispartnern Datenstandards für die Baustellenlogistik entwickeln. Foto: Zeppelin

Dass es besser geht und dass dies lohnende Zeit- und Kostenersparnisse für die beteiligten Unternehmen bedeuten kann, dieser Vermutung gehen die Projektpartner unter Leitung der Bergischen Universität Wuppertal in den kommenden drei Jahren im Projekt „STArLOG – Datenstandards für die Baustellenlogistik“ nach. Um den Weg dahin zu ebnen, wollen die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit ihren Praxispartnern aus der Baubranche identifizieren, welche Datenstrukturen es bereits gibt – denn manche haben sich im Idealfall schon bewährt –, sowie feststellen, welche Datenbedarfe es darüber hinaus für die Baustellenlogistik, aber auch für die Forschung gibt, und in welcher Form diese am besten erhoben werden können. „Die Herausforderung ist, die Balance zu halten. Einem Zulieferunternehmen, das eine Fracht für die Baustelle ankündigen soll, ist nicht damit geholfen, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich zuvor in einem Portal mit überfordernd vielen Fragen und Eingabefeldern beschäftigen müssen“, so Sabrina Puslat.

Daten, die erfasst werden sollen, sind beispielsweise der Fahrzeugtyp, mit dem die Lieferung gebracht wird, die Menge des Baustoffs oder auch die gefahrene Strecke. Sabrina Puslat: „Das sind Daten, die Untersuchungen der Transportfahrten ermöglichen, zum Beispiel, inwieweit die Fahrzeuge ausgelastet sind, ob Fahrten zusammengelegt werden können und wie hoch der CO2-Fußabdruck des Baustellenverkehrs eines Bauwerkes ist.“ Für die Planung einer nachhaltigen Baustellenlogistik sei dieses Wissen ebenso entscheidend wie für eine mögliche Zeit- und Kostenersparnis aufseiten der Auftraggebenden und Bauunternehmen. „Ein übergeordnetes Ziel des Projektes ist es, eine Sichtbarkeit für die Effekte einer einheitlichen Datengrundlage in der Branche zu schaffen“, betont Sabrina Puslat. Spätere Schritte in dem Projekt berücksichtigen auch die Überprüfung in der Praxis: Gemeinsam mit den Projektpartnern werden die entwickelten Datenstandards im laufenden Bauprozess getestet. Bei erfolgreichem Verlauf sollen sie abschließend in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Normung (DIN) in eine DIN-Norm überführt werden.

Baustellen- und Güterverkehr

Das Lehr- und Forschungsgebiet Güterverkehrsplanung und Transportlogistik unter Leitung von Professor Bert Leerkamp ist spezialisiert auf Forschung im Bereich des regionalen und städtischen Güterverkehrs. Baustellenverkehre machen rund 20 bis 30 Prozent – und damit einen nicht unwesentlichen Teil – des innerstädtischen Güterverkehrs aus. Sie genauer unter die Lupe zu nehmen, ist mit Blick auf die Minimierung von Emissionen, Stau und Lärm nötig. Wie das vom Land NRW geförderte Forschungsprojekt „Reduzierung von innerstädtischen Schwerlastverkehren durch Optimierung der Baulogistik – Insta Baulog“ des Lehrstuhls gezeigt hat, fehlt es jedoch an einer geeigneten Datengrundlage, um den Baustellenverkehr detailliert zu untersuchen sowie zukünftig effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten. Das Folgeprojekt STArLOG soll das ändern.

Gefördert wird das Vorhaben „Datenstandards für die Baustellenlogistik (STArLOG)“ vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und von der EU über den Just Transition Fund (JTF-Programm 2021-2027). In Düsseldorf bekamen die Projektpartner ihren Zuwendungsbescheid vergangenen Mittwoch persönlich von Minister Oliver Krischer überreicht. Neben der Bergischen Universität gehören die Lean Construction Logistik GmbH, die LEAN Projektmanagement GmbH, die Bausicht GmbH sowie die WSS-IT GmbH dem Konsortium an. Als assoziierte Partner wirken die SiteLog GmbH, die Zeppelin Rental GmbH und die Städte Dortmund und Wuppertal an dem Vorhaben mit. Insgesamt wird das Vorhaben mit rund einer Million Euro gefördert. Der Bergischen Universität stehen davon rund 490 000 Euro zur Verfügung.

August 2024