Damit alles bleibt, wie es ist, muss sich ganz viel ändern

An Bord ist er seit Juli – seine offizielle Funktion als Nachfolger von Peter Gerstmann hat Matthias Benz Anfang Oktober übernommen. Seitdem verantwortet der Diplom-Betriebswirt den Vorsitz der Geschäftsführung des Zeppelin Konzerns. Matthias Benz war zuvor Geschäftsführer der Raufoss Technology/Neuman Aluminium und hatte davor viele Jahre verschiedene nationale wie internationale Managementpositionen im ZF-Konzern inne. Wir sprachen mit ihm darüber, was die Kunden von ihm erwarten können, welche Weichen er im Unternehmen in Zukunft stellen will und welche Herausforderungen Zeppelin im kommenden Jahr meistern muss. 

Baublatt: Wie tief sind Sie schon in die Zeppelin Welt eingetaucht und wie sah die Einarbeitung in Ihre neue Funktion seit Ihrem Antritt am 1. Juli 2024 aus?

Matthias Benz: Ich hatte das große Glück, dass mein Vorgänger Peter Gerstmann die Einarbeitung übernommen hat. Drei Monate standen dafür zur Verfügung. Ich konnte davon in vollem Umfang profitieren und habe das jeden Tag aufs Neue zu schätzen gewusst. Gemeinsam haben wir viele unserer Niederlassungen im In- und Ausland besucht. Wir waren dort, wo unsere Mitarbeitenden täglich ihr Bestes geben und mit unseren Kunden im Kontakt sind. Was ich noch nicht geschafft habe, sind Besuche direkt bei unseren Kunden. Aber da wird die bauma im nächsten Jahr sicher einige gute Gelegenheiten bieten. Ich freue mich sehr darauf, unsere Kunden noch besser kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Matthias Benz, bereits seit Anfang Juli dieses Jahres als Mitglied der Konzerngeschäftsführung aktiv, trat am 1. Oktober 2024 als Vorsitzender der Geschäftsführung des Zeppelin Konzerns sein Amt an.

Baublatt: Es heißt immer: Der erste Eindruck zählt. Wie haben Sie denn Zeppelin bei Ihren Besuchen in den Niederlassungen kennengelernt?

Matthias Benz: Dieser ganz besondere Zeppelin Spirit ist allgegenwärtig. Man spürt, wie sehr sich unsere Mitarbeitenden mit Zeppelin und unserem Herstellerpartner Caterpillar identifizieren. Wie sie hinter dem Produkt und der Marke Cat stehen – das freut mich ganz besonders. Mir wurde sofort klar, dass Kunden auch deswegen eine Cat Baumaschine kaufen. Sie sind von unseren Mitarbeitenden überzeugt und vertrauen ihnen. Unsere Kunden wissen, dass sie auf uns zählen können und jeder bei Zeppelin das Lösungsfinder-Gen in sich trägt.

Baublatt: Woher kommt Ihrer Meinung nach dieser Spirit?

Matthias Benz: Die Mitarbeiter vertreten eine Marke, die für führende Technologie in der Branche steht. Cat steht für Qualität, Langlebigkeit und Zuverlässigkeit. Man spürt jedoch auch den Stolz, mit Kunden zusammenzuarbeiten, die lange erfolgreich im Geschäft sind. Die Mitarbeitenden sehen sich als Teil des Kunden und wollen ihren Beitrag für deren Erfolg leisten. Das zu sehen, hat mich sehr beeindruckt. Der Slogan „Ihr Erfolg – unsere Leidenschaft“ trifft es perfekt. Der Kundenfokus ist bei Zeppelin sehr stark ausgeprägt – und das gilt nicht nur in den Niederlassungen, sondern muss auch in der Zentrale gelten. Wir müssen dort mit maximaler Effizienz die Voraussetzungen schaffen, damit unsere Kollegen vor Ort einen guten Job bei den Kunden machen können – das muss unser Mindset sein.

Baublatt: Gibt es eine besondere Verbindung Ihrerseits zu Baumaschinen? Schon mal selbst einen Bagger gefahren und die Joystick-Steuerung ausprobiert?

Matthias Benz: Bisher nur einen Minibagger. Das war schon ganz gut, aber ich freue mich definitiv auch auf die großen Maschinen.

Baublatt: Das ist doch schon mal ein guter Einstieg.

Matthias Benz: Man kann nur mit voller und ganzer Leidenschaft hinter einem Produkt stehen, wenn man es selbst erlebt hat. Ich denke, das ist die Grundvoraussetzung. Deswegen freue ich mich schon sehr auf das bauma-Training, das unser Vertriebs- und Serviceteam auf die Messe und das Geschäftsjahr 2025 vorbereitet. Das wird auch für mich die perfekte Gelegenheit sein, unsere Produkte persönlich zu erleben.

Baublatt: Sie tragen einen berühmten Nachnamen. Benz ist eng mit der Geschichte des Automobils verbunden. Gibt es hier eine Verbindung?

Matthias Benz: Es gibt keinen Bezug zum Automobilhersteller. Der Nachname ist im süddeutschen Raum recht verbreitet. Mein Urgroßvater arbeitete als einfacher Arbeiter bei Zeppelin in der Luftschiff-Werft. Das verbindet mich emotional mit Zeppelin.

Baublatt: Sie waren 23 Jahre für ZF, dem Schwesterunternehmen des Zeppelin Konzerns, tätig. Was nehmen Sie aus dieser Zeit mit?

Matthias Benz: Die Jahre bei ZF waren eine prägende Zeit für mich. Ich habe dort beispielsweise gelernt, wie Management funktioniert und hatte die Chance, mehr als zehn Jahre in anderen Ländern tätig zu sein und mit Menschen aus anderen Kulturen zusammenzuarbeiten. Solche Erfahrungen sind persönlich, aber auch beruflich von unschätzbarem Wert.  

Baublatt: Sie waren beim drittgrößten Automobilzulieferer der Welt verantwortlicher Vertriebschef und haben den Service geleitet. Was lässt sich davon auf die Baumaschinen-Welt übertragen?

Matthias Benz: Was den Service betrifft, gilt in beiden Branchen: Verfügbarkeit und Geschwindigkeit stehen über allem. Ob Nutzfahrzeuge oder Baumaschinen – beides sind Investitionsgüter, beide müssen reibungslos funktionieren. Der Fokus auf Effizienz ist in der Automobilindustrie etwas ausgeprägter, gerade was Planung und Logistik betrifft. Ich denke, dass man bei Baumaschinen das eine oder andere Potenzial heben und damit noch enger an die Automobilindustrie heranrücken kann. Kundennähe und Kundenerlebnis dürfen darunter allerdings nicht leiden.

Baublatt: Worauf werden Sie in Zukunft in der Zusammenarbeit mit unseren Geschäftspartnern Wert legen – was dürfen Kunden von Ihnen erwarten?

Matthias Benz: Ich bin davon überzeugt, dass wir in Zukunft noch näher am Bedarf unserer Kunden sein müssen, insbesondere bei den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Hierzu zählt beispielsweise, dass wir gemeinsam mit und unterstützt durch unseren Herstellerpartner Caterpillar unsere digitalen und zukünftig KI-gestützten Geschäftsprozesse weiter ausbauen. Das sehen wir als wichtigen Hebel zur Steigerung von Effizienz und Nachhaltigkeit im Gesamtprozess.  Zusammen mit Caterpillar, unseren Kunden und den Kollegen will ich hier vorankommen.

Staffelstabübergabe von Peter Gerstmann (rechts), dem bisherigen Vorsitzenden der Geschäftsführung des Zeppelin Konzerns, an seinen Nachfolger Matthias Benz. Fotos: Zeppelin

Baublatt: Beruflich haben Sie in Ihrer Managementkarriere verschiedene Positionen im In- und Ausland durchlaufen. Inwiefern haben Sie die letzten vier Jahre in der Verantwortung eines mittelständischen Familienunternehmens auf Ihre neue Funktion vorbereitet?

Matthias Benz: Familien- und Stiftungsunternehmen unterscheiden sich gar nicht allzu sehr voneinander. Wenn ich meinen Vorgänger Peter Gerstmann zitieren darf: „Zeppelin ist wie ein Familienunternehmen, nur ohne das Nachfolgeproblem.“ Das trifft es ganz gut. Von einem Familienunternehmen kann man lernen, dass das Produkt, der Kunde sowie die finanzielle Gesundheit des Unternehmens im Mittelpunkt stehen. Dort sind die Strukturen und Abläufe in der Regel sehr viel schlanker und es wird „ad personam“ geführt. Außerdem verwaltet man das Vermögen einer Familie und nicht das eines anonymen Gesellschafters oder von kurzfristig agierenden Aktionären. Allerdings muss man dort auch mit dem teilweise sehr direkten Feedback des Eigentümers umgehen können – beim Geld hört der Spaß auf (lacht)! Wir haben das Glück, mit der Zeppelin-Stiftung einen Gesellschafter zu haben, der wie eine Familie langfristig denkt und handelt. An dieser Stelle sei aber auch erwähnt, dass unser Eigentümer ebenfalls eine berechtigte und anspruchsvolle Ergebnis- und Dividendenerwartung an das Unternehmen hat. Bei allem Wachstum unseres Unternehmens ist mir vor allem wichtig, dass wir uns diesen unternehmerisch denkenden, agilen und mittelständischen Charakter erhalten, den Zeppelin heute hat.

Baublatt: Warum legen Sie darauf so viel Wert?

Matthias Benz: Wir sind in den letzten zehn Jahren organisch und durch Zukäufe sehr schnell gewachsen. Natürlich braucht es da gewisse Abläufe, übergreifende Prozesse und Zentralfunktionen zur Steuerung unseres Geschäfts, aber wir dürfen auf keinen Fall den Prozess zum Ziel machen. Es geht darum, nah am Kunden zu bleiben und mit höchster Effizienz unsere Produkte und Services am Markt zu verkaufen.

Baublatt: Sie wurden von Ihrem Vorgänger intensiv eingearbeitet. Wie werden Sie den Weg von Herrn Gerstmann weitergehen und welchen persönlichen Kurs wollen Sie einschlagen?

Matthias Benz: Uns verbindet eine große gegenseitige Wertschätzung, was nicht selbstverständlich ist. Natürlich will ich den erfolgreichen Weg fortsetzen und die heute gelebte Kultur und eingeführten Unternehmenswerte weiterleben und anwenden. Sie sind für mich unverrückbar. Aber: Zwölf Jahre lang erlebten wir dauerhaftes Wachstum, das jetzt leider unterbrochen wird. 70 Prozent unserer Mitarbeitenden kennen nur die Marschrichtung, dass es bergauf ging. Daher müssen wir uns einer Zäsur stellen und unser Mindset anpassen. Wir sind nicht mehr in einer Phase der Wachstumssteigerung. Stattdessen müssen wir unseren Ertrag und unsere Finanzierungskraft sichern. Wir müssen gemeinsam diese konjunkturelle Delle meistern. Das erfordert, dass wir auf unsere Kostenstruktur und noch mehr auf Effizienz achten. Damit alles bleibt, wie es ist, muss sich ganz viel ändern – das war schon immer so.

Baublatt: Welche Herausforderungen sehen Sie für Zeppelin angesichts der wirtschaftlichen Situation im kommenden Jahr und wie ist Zeppelin darauf vorbereitet beziehungsweise aufgestellt?

Matthias Benz: Nach allem, was wir im Markt sehen, werden wir von einer stagnierenden Entwicklung im nächsten Jahr ausgehen müssen. Das Bestandsmanagement wird zunächst weiterhin eine Herausforderung bleiben. Im Jahr 2025 werden wir an unseren Abläufen und Prozessen arbeiten, um in Zukunft schlanker und effizienter zu sein. Darüber hinaus arbeiten wir gemeinsam mit unserem Herstellerpartner Caterpillar mit Hochdruck an der Digitalisierung weiterer Prozesse und dem Onboarding von Maschinen und Kundendaten in das Caterpillar Eco-System. Hier werden wir in den kommenden Monaten erhebliche Schritte machen, von denen unsere Kunden profitieren werden. Wir rechnen erst 2026 mit einer allgemeinen Belebung des Marktes.

Baublatt: Gilt das trotz bauma?

Matthias Benz: Die bauma 2025 wird mit Sicherheit der Höhepunkt für die Branche der Baumaschinenhersteller werden und aufgrund der sich aktuell schnell ändernden politischen und damit auch ökonomischen Rahmenbedingungen ein Stimmungsbarometer sein. Die Vorbereitungen auf diese Messe laufen in unserem Hause auf Hochtouren. Mit viel Vorfreude blicken wir auf nächsten April. Mit unserem Herstellerpartner Caterpillar werden wir wieder eine ganze Reihe an maschinentechnischen Innovationen und digitalen Neuerungen ausstellen und rechnen auch deshalb tatsächlich mit einer Belebung des Auftragseinganges rund um die bauma. Jedoch prägt die bauma allein nicht ein gesamtes Geschäftsjahr und so gehen wir heute davon aus, dass sich nach der Messe die Investitionsprojekte in Baumaschinen weiter auf dem diesjährigen Niveau bewegen werden. 

Baublatt: Welche Weichen muss die Politik stellen, damit Deutschland aus dem Tief kommt und die Baubranche wieder Fahrt aufnimmt?

Matthias Benz: Die Zeiten waren schon vor dem Aus der Ampel schwierig für Unternehmen. Doch nun darf es bis zur Neuwahl nicht zum kompletten Stillstand kommen. Das kann sich Deutschland nicht leisten. Die Wirtschaft braucht Planbarkeit bei Entscheidungen und eine stabile Regierung. Doch danach sieht es momentan nicht aus. Es gilt darum, diese Flaute gut zu überstehen. Gut heißt ergebnissicher. Wir finanzieren uns nicht am Kapitalmarkt, sondern wir finanzieren uns selbst und wir müssen unsere Ertragskraft halten, auch in diesen schwierigen Zeiten.

Baublatt: Als eine Ihrer bislang größten Herausforderungen im Management nannten Sie Restrukturierung und Optimierung. Wie hat Sie das geprägt und wo gibt es hier bei Zeppelin Bedarf?

Matthias Benz: Man darf nicht warten, bis das Kind in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen ist. Ertragssicherung ist ein wesentliches Thema für das kommende Jahr, ebenso wie die Kostensenkung. Das muss man wie Heckenschneiden oder Rasenmähen kontinuierlich tun. Es ist nicht immer beliebt, aber es verhindert, dass andernfalls ein großer und schmerzlicher Schnitt notwendig wird. Die wichtigste Aufgabe ist, für eine gesunde Bilanz zu sorgen, die es erlaubt, durch schwierige Zeiten zu steuern. Gleichzeitig muss man hier das Team mitnehmen. Dazu gehört Kommunikation. Nur wer versteht, wie die Lage ist, kann Entscheidungen und Maßnahmen nachvollziehen. Gleichzeitig ist es aber unabdingbar, in die Zukunft zu investieren. Das heißt, wir müssen uns mit neuen Geschäftsaktivitäten beschäftigen. Es reicht nicht aus, dass wir uns auf dem bisher erreichten ausruhen. Daher werden wir auch in Zukunft unser Geschäft ausbauen, neue Geschäftsmodelle für unsere Kunden entwickeln und weitere Märkte erschließen. Ich setze hier sehr auf das Thema Energie. Zeppelin Power Systems wird in Zukunft bei Lösungen für eine dezentrale Energieversorgung eine wichtige Rolle spielen. Hier wollen wir uns noch stärker einbringen.

Baublatt: Auch Baustellen benötigen eine entsprechende Ladeinfrastruktur, wenn Baumaschinen elektrisch betrieben werden.

Matthias Benz: Die Frage ist: Liefere ich eine elektrische Baumaschine auf die Baustelle oder in Verbindung mit der entsprechenden Ladeinfrastruktur? Ich glaube, im Bereich dezentraler Stromerzeugung/-speicherung sowie im Bereich Energiemanagement kann Zeppelin einen Beitrag leisten.

Baublatt: Die Bauaufgaben sind gewaltig. Wo sehen Sie hier besonders großen Handlungsbedarf?

Matthias Benz: Wohnungsbau ist ein großes Thema. Wir haben eine sehr sanierungsbedürftige Infrastruktur. Auch im Bereich der Energiewende gibt es viel zu tun. Ich mache mir keine Sorgen um die Megatrends, die nach wie vor bestehen. Es wird wie bei einer Ketchup-Flasche sein: Jeder weiß, dass viel rauskommt, aber keiner weiß, wann. Die große Sorge ist, dass wieder alles auf einmal kommt. Dann fehlt es an Baumaschinen und Fachkräften. Es bräuchte von der Politik bessere Planbarkeit.

Baublatt: Welche grundsätzlichen Eigenschaften muss man mitbringen, wenn man der Boss von Zeppelin werden will, und was hat Sie motiviert, die Führung des Zeppelin Konzerns zu übernehmen?

Matthias Benz: Es bedarf einer Affinität zu den Märkten. Ich finde den Baumaschinenmarkt spannend und Zeppelin ist ein großer Player in diesem Markt, was es sehr interessant macht, für so ein Unternehmen zu arbeiten. Wer zu Zeppelin will, muss zudem ein Vertriebs- und Service-Gen, aber auch unbedingt Freude an der Arbeit und dem Kontakt mit Kunden mitbringen. Außerdem sind die Kultur und die Gesellschafterstruktur von Zeppelin attraktiv. Ich arbeite gerne für einen Eigentümer wie die Zeppelin-Stiftung. Mit diesen Zielen und Werten kann ich mich identifizieren. Und weil Sie nach Eigenschaften gefragt haben: In jeder Funktion ist es heutzutage angesagt, gut zuzuhören. Nicht unerheblich ist es, dass man auch mit Demut an die Arbeit und Aufgabe rangeht, weil der Erfolg hier auf vielen Schultern ruht.

Baublatt: Wie definieren Sie Erfolg?

Matthias Benz: Erfolg heißt, dass wir ein Unternehmen sind, in dem die Mitarbeitenden gerne arbeiten. Ohne das gesamte Team ginge hier gar nichts. Die Zeiten des einsamen Helden sind lange vorbei. Genauso wichtig ist auch, dass die Kunden gerne mit Zeppelin zusammenarbeiten. Und dann kommt auch der finanzielle Erfolg.

Baublatt: Vielen Dank für unser erstes Gespräch und die Einblicke.

November 2024