Das ist Vergangenheit: mühsam handgeschriebene Tabellen mit Betriebsdaten oder abgehefteten Tankbelegen, um Daten des Baumaschinenfuhrparks aufzuzeichnen. Denn das übernehmen Telematik-Boxen längst automatisch. Sie erfassen nicht nur den Spritverbrauch, sondern registrieren im Zuge einer Rundum-Überwachung der Baumaschinenflotte auch deren Betriebs-, Produktions- und Servicedaten, und das unabhängig vom Arbeitsplatz. Wolff & Müller hat 2004 als eines der ersten Bauunternehmen in Deutschland ein Flottenmanagement sukzessive bei 41 Geräten eingeführt, um Einsatzzeiten und Standorte der Baumaschinen abzurufen. Seit 2011 greifen die Mitarbeiter auf Vision Link zurück, als das Bauunternehmen seine Cat Geräte erstmals damit ausrüsten ließ. Das Flottenmanagement unterstützt die Mitarbeiter bei der Disposition, der Wartungsplanung oder bei der Maschinenabrechnung. Nun will die für den Gerätepark verantwortliche Zweigniederlassung Logistik den nächsten Schritt einleiten: Alle 500 Baumaschinen sollen herstellerübergreifend über die Plattform Vision Link abgebildet werden. So wird der gesamte Fuhrpark für die digitale Zukunft gerüstet und weiter standardisiert.
Wenn Börsenmakler Aktien handeln, verfolgen sie auf einer Wand von Monitoren Diagramme, Indizes und Zahlen der Börsenkurse. Ohne ein zentrales, standardisiertes System ginge es auch den Mitarbeitern von Bauunternehmen ähnlich, wenn sie Daten ihres gemischten Baumaschinenfuhrparks wie Kraftstoffverbrauch oder Betriebsstunden auswerten und analysieren wollen. Bislang mussten die Mitarbeiter von Wolff & Müller verschiedene Hersteller-Webportale aufrufen, um an die gewünschten Maschinendaten zu gelangen. Denn jeder Hersteller hat sein eigenes System, seine eigene Software und seine eigenen Schnittstellen, die nicht kompatibel waren. Das verhinderte einen einheitlichen Datentransfer, sodass sich Nutzer gemischter Flotten zum Abfragen der Daten auf mehreren Bildschirmoberflächen einloggen oder eine zusätzliche Hardware einbauen mussten. Und das verursachte wiederum Mehraufwand sowie Zusatzkosten. Bei der Vielzahl der Geräte in einem Maschinenpark fällt es Anwendern schwer, alle Daten ihrer Arbeitsgeräte zusammenzuführen, um sie gebündelt auswerten zu können. Weil das den Einsatz des Flottenmanagements insbesondere bei gemischten Flotten bremste, um darüber ihre Disposition oder Wartungsplanung zu managen, einigten sich 2016 der US- amerikanische Verband der Fuhrparkleiter AEMP, der US-Baumaschinenherstellerverband AEM und der deutsche Vertreter VDBUM auf eine einheitliche AEMP-Schnittstelle 2.0 für Baumaschinen. Hiermit wurde ein weltweiter Standard geschaffen, der 2017 in der ISO-Norm 15143-3 mündete. Dies ist die Grundlage dafür, dass die Telematikdaten von Baumaschinen dem Nutzer für seine Softwareanwendungen einheitlich zur Verfügung gestellt werden können und führte auch dazu, dass Caterpillar seit letztem Jahr eine Nachrüstung auch von Fremdfabrikaten anbietet.
Speziell in Baden-Württemberg spielt auch der „Qualitätsstraßenbau 4.0“ (QSBW) eine große Rolle, dessen Vorgaben im Bundesland ab 2021 Standard sein werden: Im Rahmen der Digitalisierung mit Building Information Modeling (BIM) sollen die Prozesse im Straßenbau optimal aufeinander und auf Einflussfaktoren wie Verkehr oder Wetter abgestimmt werden. „Baumaschinen und Baustellen miteinander zu vernetzen, ist nicht nur im Zuge von BIM und QSBW 4.0 wichtig. Digitalisierung, die Veredlung von Prozessen und ein moderner Maschinenpark sind wesentliche Bausteine für unser Unternehmensziel: Qualitätsführer bei Bauleistungen in Deutschland zu sein“, definiert Michael Weber, Wolff & Müller Geschäftsführer der Sparte Tief- und Straßenbau, den Anspruch des Unternehmens.
Der Baubetrieb gibt diese Anforderungen an den Einkauf weiter, um bei der Geräte-Beschaffung die entsprechenden Weichen zu stellen. „Wir schauen uns zusammen mit den Fachbereichen wie dem Tief- und Straßenbau an, was dem Unternehmen einen Mehrwert bringt, wenn wir Prozesse im Fuhrpark standardisieren. Es macht keinen Sinn, für jede Baumaschine einen anderen Prozess vorzuhalten, sondern wir versuchen möglichst viel zu vereinheitlichen, um Abläufe zu verbessern und effizienter zu machen. Das gilt insbesondere auch für das Flottenmanagement. Wir haben uns hier ebenfalls für das System von Caterpillar entschieden, weil wir davon über- zeugt sind, dass sich hier ein Mehrwert ergibt“, glaubt Jürgen Kleindopp, der Niederlassungsleiter der Logistik-Sparte.
Mitarbeiter des Bauunternehmens sollen darum mit einer Hard- und Software arbeiten und eben nicht wie Börsenmakler eine Wand von Monitoren benötigen, um Daten auszuwerten. „Wir wollen alle Informationen in unserem Maschinenpark über ein System zusammenführen. Das ist ein weiterer Schritt in Richtung Standardisierung“, stellt Jürgen Kleindopp dar. Die Vision, die das Unternehmen dabei verfolgt: Wenn die Baumaschinen Daten senden, dann lässt sich die Wartung optimieren. „Niemand ist mehr gezwungen, wegen einer einzelnen Baumaschine auf die Baustelle rauszufahren, sondern Wartungsaufgaben können gebündelt werden. So lassen sich An- und Abfahrtszeiten für den Monteur sparen“, nennt Siegfried Cammerer, der stellvertretende Leiter der Niederlassung Logistik, einen der Vorteile. Schon 1998 hat das Bauunternehmen mit seinem Baumaschinenlieferanten, der Zeppelin Niederlassung Böblingen, Full-Service-Verträge geschlossen. Hinter diesem Standard steht der Wunsch, nur eine kleine Werkstatt zu unterhalten. „Wir haben uns schon früh dafür entschieden, auch wenn wir nicht voraussehen konnten, wie akut die Branche vom Fachkräftemangel betroffen sein wird“, erklärt Jürgen Kleindopp.
Soeben gingen bei Wolff & Müller zwei neue Cat Kettenbagger 323, vier neue Cat Kettenbagger 325FL, zwei neue Kettenbagger 326 FLN und ein Cat Dumper 725C2 in Betrieb. Sie sind alle mit der Hardware Product Link ab Werk ausgerüstet und an das Flottenmanagement von Caterpillar angebunden. Doch das ist nicht der einzige Standard, der seitens Maschinenbeschaffung bei der Ausschreibung von neuen Geräten berücksichtigt werden muss. Eine Vorreiterrolle strebt das Bauunternehmen auch mit der GPS-Vorrüstung für Maschinensteuerung an. Alle Kettenbagger werden seit mehr als fünf Jahren mit 3D- Steuerung ausgerüstet und auch Mobilbagger arbeiten seit drei Jahren mit GPS-Steuerung. „Alle Baustellen werden inzwischen so abgewickelt“, meint der Leiter der Niederlassung Logistik. Mittlerweile greift das Unternehmen auf Trimble Earthworks zurück. Damit verbunden sind eine hohe Präzision und weniger Nacharbeiten, was Einsparungen bei Zeit und Kosten sowie Produktivitätssteigerungen mit sich bringt.
Typisch für die neue Bagger-Generation: Die bereits ab Werk integrierte Planierautomatik Grade Assist steuert die Bewegungen von Ausleger, Stiel und Löffel, sodass der Fahrer ein Planum mühelos mit nur einer Joystick-bewegung herstellen kann. Foto: Wolff & Müller
Im konkreten Fall der neuen Cat 323 ist serienmäßig eine 2D-Maschinensteuerung verbaut, die auf Kundenwunsch auf 3D aufgerüstet wurde. Die bereits ab Werk integrierte Planierautomatik Grade Assist steuert die Bewegungen von Ausleger, Stiel und Löffel, sodass der Fahrer ein Planum mühelos mit nur einer Joystickbewegung herstellen kann. Hinzu kommt standardmäßig eine Schwenk- und Hubbegrenzung sowie eine Wäge-Automatik, über welche die Lastvorgaben eingehalten und Über- sowie Unterladung von Lkw vermieden werden. „Wir haben im Vorfeld einen solchen Bagger auf einer Baustelle getestet. Bei den Fahrern ist er gut angekommen. Bei einem neuen Produkt ist es wichtig, die Mitarbeiter mitzunehmen. Für die Fahrer ist es auch immer ein Signal, dass in innovative Technologie investiert wird“, so Mark Töllner, Niederlassungsleiter der Sparte Tief- und Straßenbau bei Wolff & Müller in Heidelberg.
Die Konstruktion des Cat 323 nutzt die gleiche Entwicklungs- und Produktionsplattform wie die eines Cat 320, 330 oder 336 der neuen Generation. „Caterpillar wollte analog zur Automobilindustrie den Produktionsprozess ebenfalls standardisieren, um Entwicklungskosten zu minimieren“, erklärt Jürgen Blattmann, verantwortlicher Zeppelin Vertriebsdirektor in Baden-Württemberg. Eine weitere Folgeerscheinung: Reparaturen und Lageraufwand für Ersatzteile reduzieren sich. Um die Ersatzteilhaltung zu vereinfachen, ging die Zahl der Luftfilter von 15 auf drei zurück. Auch das kommt dem Ziel von Wolff & Müller, Prozesse zu vereinheitlichen, entgegen. Dieselpartikelfilter sind bei allen neuen Cat Baumaschinen gesetzt.
Genauso hat sich die Kurzheck-Bauweise durchgesetzt: Was die Konstruktion der Bagger betrifft, greift das Bauunternehmen wie im Fall der neuen 325FL auf ein kompaktes Heck zurück, um Einsätze im innerstädtischen Bereich abwickeln zu können. „Der Trend geht eindeutig in Richtung Kurzheck, insbesondere bei unseren Mobilbaggern“, unterstreicht der Leiter der Logistik-Sparte.
Eine weitere Vorgabe in der Maschinenausrüstung und obligatorisch für die neuen Kettenbagger ist ein OilQuick 70/55 mit dem neuen Verriegelungsmechanismus, der das Herunterfallen der Werkzeuge verhindert. 2001 wurde der erste Schnellwechsler eingeführt. Zwei Jahre später erhielten alle Kettenbagger die vollhydraulische Variante und seit 2006 kommt kein Mobilbagger mehr ohne aus. Die Philosophie dahinter: Bagger werden zu Trägergeräten. Die neuen Baumaschinen haben ein Paket an Tief-, Sieb- und Grabenräumlöffeln sowie Greifer und Anbauverdichter erhalten. „Die Bagger sind heute nicht mehr nur reine Erdbewegungsmaschinen, sondern ganze Systemträger“, so Jürgen Kleindopp.
Ebenfalls Standard ist, dass in Baumaschinen eine Leerlaufabschaltung verbaut wird. Deren Vorteile sind direkt in barer Euromünze messbar. „Bei hundert Geräten konnten wir eine Dieselersparnis von 200 000 Euro erzielen – ganz im Sinne unseres Gottlob-Müller-Prinzips, mit dem wir Nachhaltigkeit im Unternehmen verankern. Die Laufzeit der Maschinen ging nach unten. Es fallen weniger Emissionen an – ein großes Plus für die Umwelt. Die turnusmäßigen Wartungsintervalle können nun später durchgeführt werden, was sich auf die Servicekosten vorteilhaft auswirkt. Die Maschinen erreichen nicht so viele Betriebsstunden, bei denen sie nicht unter Last gearbeitet haben. Das macht sich dann auch beim Wiederverkauf und dem Restwert bezahlt“, so die Kausalkette an Argumenten. Auch da hat die Standardisierung spürbare Vorteile gebracht.
Mai/Juni 2019