Sie haben ganz schön Durst – damit sie die Leistung abrufen können, die nötig ist, um schweres Gestein abzubauen, schlucken schwere Baumaschinen einiges an Sprit. Doch genau darin liegt der Knackpunkt – der Dieselverbrauch ist einer der größten Kostenblöcke bei den Betriebskosten. Doch Verbrauch ist nicht gleich Verbrauch. Es geht zwar in erster Linie immer um die Relation zu den Betriebsstunden, doch aussagekräftiger ist die Relation zur bewegten Tonnage. Gewinnungsbetriebe setzen darum alles daran, den Kraftstoffverbrauch pro Tonne zu minimieren. Den Weg, den Rheinkalk, ein Unternehmen des belgischen Lhoist-Konzerns, gewählt hat: neue Gerätetechnik in Form von zwei Cat Muldenkipper 777G in Verbindung mit einem Radlader 992K für den Abbau an der Wand sowie einem Cat 988K in der Rückverladung für das Werk Flandersbach in Wülfrath. Damit soll in Zukunft der Rohstoff leistungsfähig und kostengünstig verladen und transportiert werden. Doch dabei soll es nicht bleiben.
Grundsätzlich verspricht sich der Betrieb eine deutliche Verbesserung von einer Baumaschinenserie zur nächsten, wenn wie im konkreten Fall die Vorteile der neuesten Motorentechnik greifen und der Kraftstoffverbrauch noch weiter gedrosselt wurde. So wie der Cat 988K verfügen auch die Muldenkipper über einen Motor auf Basis der EU-Stufe IV – sein größerer Kollege, der 992K, basiert auf einem emissionsarmen Cat Acertmotor C32. Doch es nur dabei zu belassen, wäre zu kurz gegriffen. Die Geräte generieren jede Menge Daten. Die Frage ist: Wie lassen sich diese nutzen, den Abbau weiter in Richtung Effizienz zu trimmen? „Langfristig ist unser Ziel, Ressourcen, wie Betriebsmittel, Fahrzeuge und das Personal perfekt aufeinander auszurichten, damit wir Abläufe und Prozesse optimieren können, um unsere hohe Qualität noch besser zu steuern und zu steigern“, verdeutlicht Alexander Graef, Betriebsingenieur Gewinnung. Doch Qualität ist ein komplexes Thema. Zusammen mit Alexander Ihl, Hauptbetriebsleiter Gewinnung, arbeitet er an einer Lösung, die genau auf die Anforderungen des Betriebs zugeschnitten ist. Berücksichtigen müssen sie, dass der Kalkstein der beiden Abbaugebiete Silberberg und Rohdenhaus gemischt wird, um Produkte von hoher und vor allem konstanter Qualität herstellen zu können. Die Steuerung basiert auf einer langfristigen Abbauplanung, der eine intensive Lagerstättenerkundung zugrunde liegt. Alle Abbau- und Ladegeräte sind mit einem GPS-System ausgestattet. So wissen die Mitarbeiter stets, welche Rohstoffqualität gerade vom Radlader verladen wird und die Muldenkipper-Fahrer sind genau im Bilde, welche Lade- und Kippstelle sie anfahren müssen. Der Steinbruchmeister kann die verschiedenen Ladestellen genau disponieren und so lässt sich exakt das Mischungsverhältnis für den Brecher steuern, das benötigt wird.
Damit der Einsatz der Baumaschinen beim Laden und Transportieren nicht zu unnötigen Kraftstoffverbräuchen führt, haben Alexander Graef und Alexander Ihl besonders eine Kenngröße im Blick: der Leerlauf, den sie reduzieren wollen. Denn dieser verursacht unnötige Kosten – nicht nur, weil nutzlos Kraftstoff verbraucht wird. Die Serviceintervalle stehen in kürzerer Zeit an, wenn der Betriebsstundenanzeiger weiter läuft. Damit läuft dann auch eher die Garantie ab. Und wenn eine Maschine unnötigerweise viele Betriebsstunden anhäuft, wirkt sich das letztlich ungünstig auf den späteren Wiederverkaufspreis aus. Der Leerlauf wird unterteilt in 1. Produktionsbedingter Leerlauf: Davon spricht man, wenn eine Maschine auf das Be- und Entladen warten muss. Die einzelnen Intervalle bewegen sich zwischen null und fünf Minuten. Diese kurzen Leerlaufintervalle wiederholen sich über den ganzen Tag. 2. Systembedingter Leerlauf: Diese Leerlaufintervalle betragen zwischen null und 30 Minuten. Sie treten beispielsweise auf, wenn Muldenkipper gruppenweise eintreffen und wenn das Ladegerät erst voll beschäftigt ist und dann warten muss, bis die Transportgeräte wieder zur Verfügung stehen. „Wenn sich dieses Phänomen über den gesamten Tag verteilt wiederholt, muss nach der Ursache gefragt werden. Sind die Skw richtig getaktet? Muss der Wegebau verbessert werden? Ist das Ladegerät eventuell zu klein?“, wirft Bernhard Tabert, bei Zeppelin zuständig für das Flottenmanagement, die Fragen auf. In dieser Funktion wird er immer wieder mit solchen konfrontiert. „Doch zum eigentlichen Leerlauf zählt die Branche drittens: den abnormalen Leerlauf, der mit der reinen Produktion nichts zu tun hat“, erklärt Tabert. Hier bewegt sich das Intervall zwischen null und 300 Minuten. Dazu zählt etwa das Warmlaufen der Baumaschine am Morgen, wenn der Fahrer noch mal einen Kaffee trinkt, oder weil das Arbeitsgerät wegen der Klimaanlage oder Heizung nicht ausgeschaltet wird.
„Doch zum eigentlichen Leerlauf zählt die Branche drittens: den abnormalen Leerlauf, der mit der reinen Produktion nichts zu tun hat“, erklärt Bernhard Tabert.
„Unternehmen müssen ihrem Personal vermitteln, was der abnormale Leerlauf für Folgen hat, denn viele Fahrer wissen gar nicht, was eine Stunde Leerlauf kostet. Das Bewusstsein ist oftmals gar nicht vorhanden“, sind die Erfahrungen, die der Zeppelin Produktmanager gemacht hat, wenn er für Kunden die Leerlaufzeiten aufdeckt. Hierbei hilft das von Cat entwickelte Flottenmanagement, das Zeppelin in Form von Product Link 2012 einführte. Derzeit liegt die Aktivierungsrate bei über 12 000 Cat Maschinen in Deutschland, die mit einer entsprechenden Box ausgeliefert wurden, über die Daten der Maschinen abgerufen werden können. Momentan greifen rund 3 000 Nutzer darauf zurück, berichtet Bernhard Tabert. Über Vision Link, der Internet basierten Software, werden die Daten ausgewertet und übersichtlich dargestellt – ein Ansatz, für den sich auch Rheinkalk interessiert. Schließlich wäre es ein Weg, den Leerlauf zu erfassen und somit den Spritverbrauch zu senken. Caterpillar hat selbst ein Jahr lang unter dem Titel „Fuel Site Assessment“ ein Pilotprojekt durchgeführt, um für Kunden der Gewinnungsindustrie ein Bündel an Maßnahmen hinsichtlich Dieseleinsparung aufzuzeigen, indem Prozesse und Abläufe in verschiedenen Steinbrüchen analysiert wurden. Dabei lag der Fokus auf der Massenbewegung, wie dem Abbau an der Wand, dem Materialtransport zum Brecher, der Rückverladung sowie anfallende Abraumarbeiten. Was daraus abgeleitet wurde, sind verschiedene Bausteine, die zu betrachten sind – allem voran besagter Leerlauf. Ziel des Projektes war zu ermitteln, wie viel Kraftstoff weniger verbraucht wird, wenn die Leerlaufzeiten um fünf Prozent reduziert werden. „Wir konnten messen, dass es einen direkten Zusammenhang von Leerlaufzeiten mit dem Dieselverbrauch gibt und daraus Richtwerte ableiten, die jedoch von Abbau zu Abbau unterschiedlich sind“, so Peter Sauter, seit 20 Jahren bei Caterpillar in Genf und Spezialist für die stationäre Industrie innerhalb von EAME. In dieser Funktion arbeitet er mit Cat Händlern wie Zeppelin zusammen und untersucht zusammen mit Kunden Einsparpotenziale, insbesondere beim Kraftstoffverbrauch.
„Wir konnten messen, dass es einen direkten Zusammenhang von Leerlaufzeiten mit dem Dieselverbrauch gibt und daraus Richtwerte ableiten, die jedoch von Abbau zu Abbau unterschiedlich sind“, so Peter Sauter.
Einen großen Einfluss auf die Leerlaufzeiten haben die Fahrer. „Wir haben Tests gefahren mit einem unerfahrenen und einem versierten Fahrer. Dabei trat ein Unterschied von 20 bis 25 Prozent zu Tage“, erklärt Sauter. Dass die Fahrer einen großen Einfluss haben, bestätigte auch Alexander Graef. Damit die Mitarbeiter alle den gleichen Wissensstand haben, wird bei Rheinkalk regelmäßig in Schulungen investiert. Kommen neue Maschinen in den Einsatz, wie die neuen Muldenkipper und Radlader, sind Einweisungen durch Zeppelin ohnehin obligatorisch. „Wichtig ist es, dass dann das vermittelte Wissen auch umgesetzt wird und sich Fahrer von festgefahrenen Prozessen lösen und schlechte Gewohnheiten ablegen“, meint der Betriebsingenieur Gewinnung.
Darüber hinaus machen auch die richtige Geräteauswahl und welches System eingesetzt wird sehr viel aus. Im Fall von Rheinkalk, das auf Load-and-Carry setzt und seine Ladespiele auf den 992K und 777G ausgerichtet hat, gibt es keinen Handlungsbedarf. Beide Maschinentypen sind aufeinander abgestimmt, um volle Maschinennutzlast und minimale Ladezeiten zu generieren. „Grundsätzlich müssen die Maschinengrößen zum Brecher passen. Aber auch die richtige Ausrüstung macht sich bemerkbar. Wird die Schaufel zu groß oder zu klein gewählt, bleibt das nicht ohne Folgen. Selbst vermeintlich kleine Details wirken sich aus, zum Beispiel welche Zähne verwendet werden und wie diese an der Schaufel befestigt sind“, so Sauter. Was auch mit reinspielt: die Technologie der Maschinen. Von Generation zu Generation halten neue Features Einzug, die auch genutzt werden müssen. Bei der Frage nach der passenden Ausrüstung berät der Cat Händler – bei Rheinkalk ist es Zeppelin. Stefan Lanio, Niederlassungsleiter, und sein Kollege Stefan Pick, Gebietsverkaufsleiter, aus Köln betreuen das Unternehmen seit Jahren und kennen daher genau die Anforderungen des Betriebs. So sind im Vorfeld immer viele Fragen zu klären und mit dem Kunden die verschiedenen Möglichkeiten abzuwägen, ob neue Baumaschinentypen den geologischen Bedingungen gewachsen sind. Von Fall zu Fall schalten sie dann auch Stefan Oppermann von der Zeppelin Projektund Einsatzberatung hinzu, der die Einsatzbedingungen vor Ort analysiert und dabei prüft, ob die Maschinentechnik für Rheinkalk die wirtschaftlichste ist. Denn: Die Größe der Flotte muss zum ganzen System passen. So müssen die Voraussetzungen für den Abbau stimmen – dazu gehören etwa Fahrwege und deren Beschaffenheit. „Es macht einen großen Unterschied, in welchem Zustand und wo die Ladestellen sind, ob man an einer Böschung lädt oder auf einer Ebene steht oder lange Transportwege zurücklegen muss“, so Stefan Lanio. Und genau darum geht es auch bei Rheinkalk. Im Lauf der Jahrzehnte schritt der Abbau in Wülfrath immer weiter voran, sodass die Skw inzwischen immer längere Transportwege zurücklegen müssen und von tiefer gelegenen Sohlen beladen werden. Eine logische Konsequenz, dass da der Dieselverbrauch nach oben geht. „Was insbesondere beim Transport starken Einfluss auf den Spritverbrauch ausübt, ist der Verschleiß der Reifen. Auch der Reifendruck wirkt sich aus. Sobald die Reifen einen höheren Widerstand überwinden müssen, neigt sich die Tanknadel nach unten“, meint Peter Sauter, der ein Reifenmonitoring empfiehlt.
Was das Pilotprojekt von Caterpillar noch zutage förderte: Es kommt auf die Dieselqualität und den Betankungsprozess an – er sollte so sauber wie möglich ablaufen. „Erst dachten wir, dass die Qualität von Diesel kein Problem in Europa darstellt. Als wir aber einen Test gefahren haben, und Ölproben gezogen wurden, wurde festgestellt, dass Wasser auftrat und sich die sogenannte Dieselpest bildete. Verunreinigungen sind somit Gift für die Kraftstoffeffizienz und tunlichst zu vermeiden, damit sie nicht zu Leistungseinbußen der Baumaschine führen“, stellt Peter Sauter klar. Auch diesen Aspekt haben Alexander Graef und Alexander Ihl auf dem Schirm, wenn sie bei Rheinkalk im Werk Flandersbach an der Stellschraube Kraftstoffverbrauch drehen.
Januar/Februar 2017