Auf dem Weg zu CO2-armen Bauprozessen

Anfang August ging Zeppelin Rental mit einer großen Neuigkeit an die Öffentlichkeit: Der Vermiet- und Baulogistikdienstleister setzt auf HVO als Brückentechnologie auf dem Weg zu einer klimaneutralen Baustelle. Dr. Markus Heidak, Senior CSR-Manager bei Zeppelin Rental, erklärt, was hinter HVO steckt und welche Chancen der alternative Ersatzkraftstoff nicht nur im Hinblick auf Nachhaltigkeit bietet.

Baublatt: Was bedeutet HVO konkret?

Dr. Markus Heidak: Die Abkürzung HVO steht für „Hydrotreated Vegetable Oils“, zu Deutsch: hydrierte Pflanzenöle. Zur Herstellung werden pflanzliche, tierische und industrielle organische Rest- und Abfallstoffe mittels einer katalytischen Reaktion unter Zugabe von Wasserstoff in energiehaltigen Treibstoff umgewandelt. Gelegentlich wird Biodiesel mit HVO verwechselt. Sowohl Biodiesel als auch HVO werden zwar aus organischen Biomassen hergestellt, allerdings unterscheiden sie sich durch ihre chemische Zusammensetzung und die Produktionsprozesse.

Baublatt: Inwiefern kann HVO einen Beitrag zu einer CO2-neutralen Baustelle leisten? Wo liegen die Vorteile?

Dr. Markus Heidak: Der wohl größte Vorteil von HVO: Der synthetische Dieselersatzkraftstoff weist eine bis zu 90 Prozent reduzierte CO2-Bilanz auf. Des Weiteren ermöglicht HVO aktuelle Bestände an dieselbetriebenen Baumaschinen und Baugeräten direkt CO2-reduziert einzusetzen, ohne dabei Leistung, Reichweite oder Verlässlichkeit der Maschinen und Geräte einzuschränken. Dies ist notwendig, denn allein durch den Austausch der bestehenden Diesel Baumaschinen-, und Baugeräteflotte werden sich die CO2-Ziele für die Bauindustrie nicht fristgerecht erfüllen lassen. Vor allem für nur schwer elektrifizierbare Lösungen, wie zum Beispiel Radlader oder Kettenbagger über 20 Tonnen, ist HVO die geeignete Übergangstechnologie auf dem Weg zu CO2-armen Bauprozessen. Bis wir für das gesamte Spektrum von verfügbaren Baumaschinen und Baugeräten batterieelektrische Lösungen einsetzen können, wird noch einige Zeit vergehen. HVO kann direkt getankt werden und ermöglicht uns dadurch, CO2-Emissionen ab sofort zu reduzieren. Des Weiteren hat HVO eine sehr gute Tieftemperaturbeständigkeit, konkret bis minus 20 Grad Celsius, ist nahezu unbegrenzt lagerfähig, vermindert den Verbrauch von Harnstoff, stößt rund elf Prozent weniger Stickoxide aus und hat eine hohe Motorenverträglichkeit.

Dr. Markus Heidak, CSR-Manager bei Zeppelin Rental, über den Einsatz von HVO.

Baublatt: Wie genau kommt HVO bei Zeppelin Rental zum Einsatz? Was war dazu im Vorfeld notwendig?

Dr. Markus Heidak: Um eine deutschlandweite und regelmäßige Abdeckung mit HVO zu gewährleisten, haben wir uns mit HVO-Herstellern und regionalen sowie überregionalen Lieferanten ausgetauscht und zusammengeschlossen. Wir verfolgen mit dem Einsatz von HVO zwei Absichten: Erstens wollen wir bei Zeppelin Rental HVO dafür nutzen, uns mittel- und langfristig von fossilen Treibstoffen zu verabschieden. Deshalb gehen wir mit gutem Beispiel voran und wollen unsere eigene Mobilität grüner und nachhaltiger gestalten und unsere Maschinen, Geräte und Fahrzeuge, die täglich an unseren Mietstationen, Werkstätten, Kompetenz-, und Servicecentern im Einsatz sind, mit HVO betanken. Im Vorfeld haben wir unsere gesamte Cat Flotte auf HVO-Tauglichkeit geprüft. Das Ergebnis freut uns sehr: Weit über 80 Prozent des Equipments kann mit HVO betankt werden. Zweitens wollen wir unseren Kunden ermöglichen, selbst HVO für ihre Projekte und Vorhaben einzusetzen. Dadurch können wir unsere Kunden gezielt dabei unterstützen, signifikant CO2-reduziert zu arbeiten.

Baublatt: Derzeit läuft ein Pilotprojekt in den Münchener Mietstationen bei Zeppelin Rental. Was hat es damit auf sich?

Dr. Markus Heidak: In unserem Pilotprojekt, das derzeit in unseren drei Mietstationen im Raum München stattfindet, wollen wir Erfahrungen sammeln, inwiefern die Belieferung und regelmäßige Betankung mit HVO funktioniert. Wir können auch schon ein erstes erfolgreiches Fazit ziehen: Die Kunden sind dem Thema sehr aufgeschlossen gegenüber, das Interesse und die Nachfrage sind da. Hier und da müssen wir noch Aufklärungsarbeit leisten, denn nicht alle sind bereits mit dem Thema HVO vertraut und viele verwechseln HVO mit Biodiesel. Zudem stellen wir erfreut fest, dass sich die einwandfreie Motorenverträglichkeit bestätigt. Insgesamt haben wir bisher nur positive Erfahrungen gemacht und konnten keine Einschränkungen feststellen. Aktuell werden deshalb alle HVO-tauglichen Maschinen und Geräte, die unsere Mietstationen in München verlassen, mit HVO betankt. Dazu gehören natürlich nicht nur Cat Baumaschinen, sondern auch zahlreiche Scherenbühnen, Rüttelplatten, Lufterhitzer, Flutlichtanlagen, Kompressoren, Stromerzeuger, Generatoren und Baugeräte.

Grüne Mobilität: Zeppelin Rental geht mit gutem Beispiel voran und betankt eigene Maschinen und Geräte an ausgewählten Standorten mit HVO. Fotos: Manuel Schuller

Baublatt: Kam HVO bereits bei Kunden vor Ort zum Einsatz?

Dr. Markus Heidak: Tatsächlich konnten wir HVO bereits bei Kundenprojekten realisieren. Ein schönes Beispiel ist hier das Summer-Breeze-Festival. Hier kamen zahlreiche Cat Radlader zum Einsatz, die dank der reinen Betankung mit HVO allein während des Festivalaufbaus über 7 000 kg/CO2 einsparen konnten. Das entspricht in etwa dem Ausstoß von CO2, der bei 28 Pkw-Fahrten zwischen München und Kopenhagen anfallen würde.

Baublatt: Wie sieht Ihr Ausblick für das kommende Jahr 2024 bezüglich des Einsatzes von HVO bei Zeppelin Rental aus?

Dr. Markus Heidak: Nachdem das Pilotprojekt so erfolgreich läuft, beabsichtigen wir, HVO an weiteren Standorten einzusetzen, beispielsweise in unseren Mietstationen in Nordrhein-Westfalen und Berlin. Zudem arbeiten wir intensiv daran, in Kooperation mit unseren Lieferanten ein leistungsfähiges Liefernetz aufzubauen und dadurch eine deutschlandweite Versorgung mit HVO für Kundenprojekte zu ermöglichen.

November/Dezember 2023