Heinrich Feeß zeigt, wie aus verwendeten Baustoffen hochwertiger R-Beton wird

Nicht reden, sondern handeln: Das ist die Devise von Walter Feeß und seinen Söhnen Alexander und Benjamin, welche die Heinrich Feeß GmbH & Co. KG mit 250 Mitarbeitern vor den Toren Stuttgarts zu einer Drehscheibe für die Kreislaufwirtschaft entwickeln. Und das geht inzwischen weit über das Baustoff-Recycling hinaus.

Walter Feeß erklärt Holger Schulz, welchen Beitrag das Recycling durch eine entsprechende Aufbereitung leisten kann, um CO2 zu senken.

Sein Wissen an andere weitergeben: Das trieb Walter Feeß an, auf dem Gelände des Kirchheimer Wertstoffhofs ein Kompetenzzentrum für Kreislaufwirtschaft zu etablieren. „Anfangs wurde die Idee noch belächelt“, erklärt Alexander Feeß. Es geht dabei um Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung und Wissen zu vermitteln. Inzwischen finden regelmäßig Fachvorträge und Schulungen für interessierte Unternehmer und deren Mitarbeiter, Architekten und Planer, kommunale Vertreter, Entscheidungsträger sowie Studenten statt. Besucher kommen aus ganz Deutschland. 2023 waren es über 1 350, die sich dort über das Potenzial, das im Recycling steckt, informierten, um den Ausstoß von CO2-Emssionen zu begrenzen, mineralische Abfälle in Form von Wertstoffen in die Kreislaufwirtschaft zu bringen und so Ressourcen zu schonen. Selbst Politiker wie Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, lassen sich dort zeigen, was erforderlich ist, um so viele Wertstoffe wie möglich wiederzuverwenden, und was sich ändern muss, damit die Kreislaufwirtschaft einen nachhaltigen Beitrag leisten kann. Auch Holger Schulz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin Baumaschinen GmbH, ließ es sich nicht nehmen, sich zusammen mit dem Böblinger Niederlassungsleiter Markus Steudle und Verkaufsrepräsentanten Alexander Fuchs über den Kirchheimer Wertstoffhof zu informieren. „Voller Herzblut und Leidenschaft erklärte Walter Feeß, was ihn antreibt: mineralische Abfälle in die Kreislaufwirtschaft zu bringen. Es war beeindruckend zu sehen, was mit Recycling möglich ist. So ein Austausch mit Kunden ist ein wertvoller Input, um zu verstehen, wie wir sie bei ihrem Geschäft in Zukunft noch besser unterstützen können. Somit können auch wir einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten“, erklärt Holger Schulz. Konkret übernehmen fünf Cat Radlader vom Typ 966 XE und 972M XE aufgrund ihres effizienten Spritverbrauchs, der laut Aussage des Unternehmers zwischen 30 und 40 Prozent niedriger als beim Vorgängermodell bei gleichbleibender Leistung liegt, die Beschickung der Anlagen. Sie beladen Lkw und befüllen die selbsthergestellten Schüttgutboxen.

Walter Feeß (Dritter von links) und seine Söhne Benjamin (Zweiter von links) und Alexander (rechts) mit Holger Schulz (Zweiter von rechts), Vorsitzender der Geschäftsführung bei Zeppelin Baumaschinen, mit Markus Steudle (Dritter von rechts), Böblinger Niederlassungsleiter, und Alexander Fuchs (links), Verkaufsrepräsentant. Fotos (2): Zeppelin 

Wie aus verwendeten Baustoffen wieder Wertstoffe wie hochwertiger R-Beton, sprich ressourcenschonender Beton, wird, und welche hohe Qualität Ersatzbaustoffe durch entsprechende Aufbereitungsverfahren heute erlangen können, das lässt sich direkt auf dem Recyclingplatz in Kirchheim veranschaulichen, wo Theorie in Praxis mündet.

Walter Feeß und seine Mitarbeiter bieten inzwischen Beratungen für andere Firmen an, die sich mit dem Gedanken tragen, etwa eine Bodenwaschanlage zu installieren. Dabei macht er praktisch vor, wie es geht, damit andere kein Lehrgeld bezahlen müssen: Mineralischen Abfällen, insbesondere sandigem und steinigem Baugrubenaushub, haucht er quasi ein weiteres Leben ein. Mittlerweile beliefert er über 20 Betonwerke mit Zuschlagstoffen zur Herstellung von R-Beton. „Hier liegt noch ein gewaltiges Potenzial brach – dabei ist das unsere Zukunft. Ohne mehr Kreislaufwirtschaft können wir die Klimaschutzziele von 1,5 Grad nicht erreichen“, sagt er im Brustton der Überzeugung – aus dem Unternehmer spricht seine Leidenschaft. Überzeugen will er mit Qualität. Denn dann steigt auch das Vertrauen in das Recycling. Störstoffe wie Styropor, Plastik oder Holzteilchen in den angelieferten Recyclingmaterialien werden akribisch erfasst und separiert. „Nur so können wir hochwertige Wertstoffe produzieren“, meint der Unternehmer. Sein Credo heißt: sortieren, sortieren, sortieren.

Werden Gebäude abgerissen, bleiben größtenteils Wertstoffe zurück – laut dem Umweltbundesamt waren es 2020 mehr als 220 Millionen Tonnen allein in Deutschland. Die Antwort von Walter Feeß, der als Wegbereiter für das Recycling gilt: Wir müssen unsere mineralischen Abfälle möglichst nahe am Ort ihrer Entstehung aufbereiten, damit geringe Transportwege und somit keine unnötige CO2-Belastung anfallen. „Die öffentliche Hand muss endlich ihrer Vorbildfunktion nachkommen und selbst mehr Recyclingbaustoffe in den Ausschreibungen verbindlich für ihre Bauvorhaben festlegen. Den Worten müssen endlich Taten folgen und so braucht es mehr Recyclingplätze am Rand von Ballungszentren, wo ortsnah die Aufbereitung erfolgen kann“, fordert Walter Feeß. Daher ist Handeln seine Devise, wenn er an die nachfolgende Generation, seine Söhne Alexander sowie Benjamin und an die Tochter Nadine sowie seine Enkel denkt, denen er eine intakte Umwelt hinterlassen will. Das erfordert ihm zufolge wiederum unternehmerische Aktivitäten, die ein „enkeltaugliches Verhalten“ voraussetzen. Deswegen werden die Abbruchmaterialien hochwertig aufbereitet. Das Unternehmen hat vor acht Jahren darum eine der ersten Nassklassieranlagen Deutschlands installiert. Typisch für einen Vorreiter ist es, neue Wege zu gehen. So hat Walter Feeß nicht nur mit einer Waschanlage begonnen, Boden zu waschen, um Steine und Sand zu trennen und ihnen so ein zweites Leben zu geben, sondern er hat als einer der ersten Betriebe eine Anlage installiert, um Quarzsand von Kunstrasenplätzen wieder aufzubereiten und diesen von Kunststoff zu trennen. Satte 99 Prozent Wiederverwertung seien dadurch möglich, was ganz der Philosophie des Unternehmens und dem Kreislaufwirtschaftsgedanken entspricht: Verwertung statt Abfall erzeugen. „Sand wird knapp. Aktuell ist der Bedarf weltweit bei jährlich 85 Milliarden Tonnen. In hundert Jahren sind dann die Sandvorräte erschöpft. Umso wichtiger ist es, solche Ressourcen zu schonen“, ist der Gedanke, der dahintersteht.

Um die Anlagen zu beschicken, Lkw zu beladen und Schüttgutboxen zu befüllen, braucht es entsprechende Maschinentechnik, die stets auf neuestem Stand gehalten wird. Foto: Feeß

Wissenschaftler sind längst aufmerksam auf die Aktivitäten des umtriebigen Unternehmens geworden – bundesweite Bekanntheit erhielt der Recycling-Pionier mit den Auszeichnungen Träger des Deutschen und des Baden-Württembergischen Umweltpreises. Denn die Heinrich Feeß GmbH & Co. KG ist auch bereit, neuen Entwicklungen den Weg zu ebnen und innovative Technologien zu testen, um den Verbrauch von Rohstoffen zu reduzieren. Eben typisch für einen Vorreiter. Längst wird erprobt, wie KI, künstliche Intelligenz, bei der Sortierung und Analyse verschiedener Stoff-Fraktionen unterstützen kann. So hat das Start-up Optocycle aus Tübingen mit Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt ein System entwickelt, das per Kameras und KI Bauabfälle wie Beton, Ziegel, Keramik, Kunststoff und Metall klassifiziert. Das Unternehmen Feeß ist dabei Projektpartner und unterstützt die Entwicklung aus der Überzeugung: Klimaschutz sowie Kreislaufwirtschaft gehen eben nur gemeinsam. Kameras zeichnen Bilder des Bauschutts von einer Lastwagen-Ladung auf, welche die Waage passiert. So sollen die unterschiedlichen Bestandteile des Bauschutts automatisch erkannt, besser voneinander getrennt und dadurch effektiver wiederverwertet werden können. Noch immer landet vieles davon auf Deponien, was auch Walter Feeß ein Dorn im Auge ist, weil es „Architekten, Investoren und Bauherren oft nicht besser wissen“, meint der Unternehmer. Und dann wird der Landschaftsverbrauch automatisch deutlich stärker reduziert. Großes Potenzial zum Einsparen von Rohstoffen und Treibhausgas-Emissionen durch ein Wieder- und Weiterverwerten im Hochbau wird nicht ausgeschöpft. Bestimmte Bauschutt-Bestandteile könnten beispielsweise zu Recyclingbeton verarbeitet werden.

Was damit alles möglich ist, macht das Unternehmen selbst vor: So ging im Sommer für acht Millionen Euro eine neue sowie 1 250 Quadratmeter große und zwölf Meter hohe Werkstatthalle für rund 250 Fahrzeugeinheiten wie Lkw, Transporter, Anhänger, Auflieger, Pkw und über hundert Baumaschinen, größtenteils Cat, in Betrieb, die Hightech und Umweltschutz verbindet. Wände und Bodenplatte bestehen aus R-Beton der Typklasse 2 – einmalig im Ländle. Der verwendete Beton setzt sich zu 30 Prozent aus recyceltem Bauschutt und nicht wie beim Typ 1 aus zehn Prozent zusammen. Trotzdem weist der Stahlbeton Sichtbeton-Qualität auf. Möglich macht es die entsprechende Aufbereitungstechnologie. Die neue Halle ist bereit für elektrische Antriebe sämtlicher Fahrzeuge. Das Gebäude wird mit Geothermie bis in 140 Meter Tiefe an 16 Punkten und einer mehr als 250 kWp-PV-Anlage im KfW-Effizienzstandard 55 versorgt. Die Bodenplatte ist beheizt, was das Arbeiten für die Mechatroniker gelenkschonender und komfortabler macht. Die Außenfläche aus 1 500 Quadratmetern mit R-Beton bietet Platz für 15 Fahrzeuge.- Lkw- und Pkw-Portal-Waschanlage innen für die Intensivreinigung und ein Waschplatz außen greifen zu 95 Prozent auf Regenwasser zurück, das in Zisternen mit 200 000 Litern Fassungsvermögen im Kreislauf gehalten wird. Mithilfe von Bakterien wird das ölhaltige Waschwasser gereinigt. Sämtliche Waschbecken in dem Gebäude, in dem auch Ersatzteillager, Reifenwerkstatt, Sozial-, Schulungs- und Besprechungsräume, WCs, Duschen sowie Küchen und Büros untergebracht sind, sind mit Sensoren ausgestattet, die den Wasserverbrauch deutlich reduzieren. Der Gedanke der Ressourcenschonung zieht sich somit hier ebenfalls durch.

Februar 2024