So ein Einsatz geht selbst einem Schwergewicht an die Substanz: Wenn der sechs Kubikmeter große Tieflöffel an dem neuen Cat 6015 die Muschelkalkschichten durch Reißen voneinander trennen muss, braucht es besonders hohe Kräfte. Entscheidend ist darum, wie die Zähne positioniert werden, damit sich die maximale Wirkung entfalten kann. „Doch zu viel rohe Gewalt tut auch nicht gut. Das geht aufs Material und kostet Sprit. Man muss bei diesem Einsatz viel Gefühl haben – sogar mehr als mit einem kleinen Bagger“, erklärt Ronald Duchow von der Zeppelin Projekt- und Einsatztechnik bei der Einweisung in den neuen Cat 6015. Drei Maschinisten müssen sich mit der neuen Technik vertraut machen. Denn ein 140 Tonnen schwerer Kettenbagger hat bei den MSW Mineralstoffwerken Süd-West, die zum Familienunternehmen Heinrich Mertz Kies- u. Sandwerke GmbH & Co. KG gehören, im Steinbruch Mönsheim Einzug gehalten.
Der Löffel muss genau die Lehmschicht treffen, welche die beiden Muschelkalkschichten voneinander trennt. Sonst muss der Fahrer nachjustieren. Je tiefer der Abbau erfolgt, desto massiver werden die Schichten und desto höhere Reißkräfte sind gefragt. „Der neue Bagger ist 30 Tonnen schwerer als der Vorgänger, was sich wiederum auf eine bessere Standsicherheit auswirkt. Doch er reizt seine Möglichkeiten trotzdem noch nicht alle aus, auch wenn er deutlich mehr reißen kann, als es zuvor der Fall war. Man könnte auch mehr Tonnage bewegen, doch hier kommt es ausschließlich auf das Lösen der Schichten an“, erklärt Sebastian Wurst, Zeppelin Verkaufsrepräsentant, der das Unternehmen in puncto Ausrüstung beraten hatte.
Vier Tieflader brachten die Baumaschine nach Mönsheim, wo die Montage innerhalb von drei Arbeitstagen erfolgte. Die Zeppelin Niederlassung Böblingen hatte für den Aufbau fünf Monteure abgestellt. Zwei Autokrane waren nötig, um das Laufwerk zu positionieren, den Oberwagen aufzusetzen sowie Ausleger, Stiel und Löffel anzubringen. Dann ging es an die Feinjustierung. Zum Beispiel mussten die Fahrwerke bei 160 bar gespannt und die Stickstoffspeicher eingestellt werden. Im Verhältnis zur Baggergröße wurde ein relativ kleiner Löffel verbaut – eine Anfertigung von MSW, mit der schon der vorige Bagger gearbeitet hat und den der neue Cat 6015 weiter übernehmen sollte. Denn er weist eine spezielle Geometrie und hochfeste Werkstoffe aus, um die hohen Ladekräfte umzusetzen. „Normalerweise sind durchaus acht Kubikmeter große Löffel im Einsatz an so einer Maschine. Doch hier kommt es auf andere Funktionen und Eigenschaften an“, erklärt Sebastian Wurst.
Durch die angewandte Abbaumethodik kann MSW auf Lockerungssprengungen verzichten. Es müssen keine Bohrlöcher angelegt und mit Sprengstoff verfüllt werden. Das alles kann sich der Gewinnungsbetrieb sparen und durchgehend produzieren, auch wenn er eine Sprengberechtigung vorweisen kann. Um moderner Technik einen möglichst effizienten und damit schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen zu ermöglichen, hat MSW die letzten Jahre die Ressourceneffizienz im Steinbruch von etwa 65 auf über 90 Prozent erhöht und seine Ausbeute deutlich gesteigert. Mit einem neuen Verfahren kann der abgebaute Kalkstein besser von anhaftendem Lehm gereinigt werden, es fällt weniger Ausschuss an, der sonst auf Halden gelagert werden müsste. Dazu wird dem lehmhaltigen Material in einer neu errichteten Mischanlage eine geringe Menge Branntkalk zugegeben, wodurch sich der Lehm vom Stein löst und durch Sieben entfernt werden kann. So wurde die Rohstoffressource geschont und der Energieverbrauch gesenkt.
Der Abbau erfolgt auf neun von 16 Hektar genehmigter Fläche. Der Abraum, der nur die ersten paar Meter ausmacht, wird mithilfe eines Cat Kettenbaggers 336 der neuen Generation entfernt. Dann ist das 140-Tonnen-Schwergewicht gefragt, das von einer höheren Sohle aus den Cat Muldenkipper 775G belädt, womit er eine gute Sicht in die Lademulde hat. Fünf Ladespiele sind dafür erforderlich, bis die Mulde, die eine Bordwanderhöhung hat, die maximale Ausladung erreicht hat und sich in Richtung Brecher in Bewegung setzt. Bis zu 1 400 Meter liegen zwischen Lade- und Abkippstelle. Bis zu 600 Tonnen Rohmaterial in der Stunde werden dann der Weiterverarbeitung zugeführt, um daraus Schotter und Splitte für den Straßenbau und die Asphaltindustrie herzustellen.
Zu große Gesteinsbrocken dürfen jedoch nicht im Muldenkörper des Skw landen. Denn das würde den Brecher blockieren, der kontinuierlich 500 Tonnen in der Stunde produzieren soll. Darum greift der Baggerfahrer immer wieder auf die Knäpperkugel zurück. Er hebt die Stahlkugel mit dem Löffel an und lässt sie dann auf das Gestein fallen. Durch die Energie beim Aufprall werden zu große Blöcke gespalten. Auch der Muldenkipper und Bagger sollen permanent ihre Produktionsleistung bringen.
„Wir haben den Bagger vor allem wegen dem Full Service gekauft. Die Wartung darf nur dann gemacht werden, wenn sie die Produktion nicht beeinträchtigt“, erklärt MSW-Betriebsleiter Stefan Kunkel. Ein bis zwei Mal im Jahr werden die Zähne des Löffels erneuert, seitdem die Umstellung auf das spitz zulaufende Zahnsystem Sharp erfolgte – früher war dieser Schritt bis zu acht Mal jährlich nötig.
Regelmäßig hat Stefan Kunkel die Daten wie Spritverbrauch und Betriebsstunden im Blick. Bevor die Entscheidung für den Cat 6015 getroffen wurde, informierte er sich über die Betriebskosten, die beim Cat 6015 anfallen. In Baden-Württemberg ist bereits ein weiterer Bagger dieser Größe im Einsatz, den er sich vor Ort anschaute, um einen direkten Vergleich zu haben. „Ein großer Vorteil ist, dass wir kein AdBlue benötigen. Uns war wichtig, einen Bagger zu haben, der die geforderte Produktivität bringt, und das alles, obwohl er schwerer ist. Gleichzeitig sollte er aber auch beim Spritverbrauch gut abschneiden. Das ist hier der Fall“, stellt Stefan Kunkel dar.
Große Erwartungen hat er diesbezüglich auch bei nachhaltiger Antriebstechnik. So wurde bereits eine Cat Raupe D6 XE mit dieselelektrischem Antrieb für Rekultivierung bei der Zeppelin Niederlassung Böblingen bestellt, um 15 000 Tonnen Material einzubauen. MSW betreibt einen weiteren Steinbruch in Heimsheim, wo Betonsplitte hergestellt werden. Dort ist wiederum ein Cat Radlader 988K XE zugange, der ebenfalls über einen dieselelektrischen Antrieb verfügt. „Muldenkipper fahren etwas länger, aber bei den anderen Geräten achten wir darauf, sie nach durchschnittlich fünf Jahren zu erneuern, um so immer die Technik auf aktuellem Stand zu halten. Da bei unserem alten Großbagger teure Reparaturen angestanden wären und er mit dem Reißen am Ende war, haben wir hier wieder in neueste Technik investiert“, so Stefan Kunkel.
Drei Mitarbeiter wurden auf den Cat 6015 geschult. „Hier hat jeder seine feste Maschine, aber wir tauschen auch mal durch, um Abwechslung zu schaffen. Das Team der Fahrer sind junge Mitarbeiter. Sie sollen alle Geräte bedienen können“, so Stefan Kunkel. Um Maschinisten gezielt nach DGUV 100–500 weiterzuqualifizieren, erhalten sie immer wieder auch auf dem Caterpillar Demogelände im spanischen Málaga eine intensive Schulung. „Das soll auch eine Anerkennung für ihre Leistung sein. Denn die Fahrer sind immer da, wenn wir sie brauchen und wir profitieren dann umgekehrt von dem Wissen, das sie dann an ihren Arbeitsplatz mitbringen“, ist Stefan Kunkel überzeugt. Trotzdem können sie immer noch was lernen, wenn Ronald Duchow ihnen bei der Einweisung noch mal erklärt, wie sie den Unterwagen des Cat 6015 positionieren müssen, um 15 Grad links und 15 Grad rechts zu schwenken. „Das bietet die größte Standsicherheit und höchsten Reißkräfte“, weiß der Zeppelin Projekt- und Einsatztechniker. Und diese sind hier der Schlüssel.
Juli/August 2023