Schnellbaubrücke an der A3 wird zum Vorzeigeprojekt für Heitkamp

Seit Mai 2023 ist die Innovationskraft der Heitkamp-Unternehmensgruppe im Brückenbau offiziell ausgezeichnet. „Wegweisend in Baugeschwindigkeit, Ressourcenschonung und CO2-Einsparung – ein beachtenswerter Schritt auf dem Weg zum klimaneutralen Bauen“, zu diesem Urteil kam die Jury für den Deutschen Brückenbaupreis, bestehend aus VBI und Bundesingenieurkammer unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Sie vergab für das Pilotprojekt der patentierten Schnellbaubrücke an der A3 bei Emmerich den erstmals ausgelobten Sonderpreis für Nachhaltiges Bauen beim Deutschen Brückenbaupreis.

Zur Reduzierung von Bauzeit und Kosten sollten moderne Technologien in der baulichen Umsetzung im Rahmen des Pilotprojekts Stokkumer Straße an der BAB A3 angewandt werden. Die Heitkamp Brückenbau GmbH setzte im Auftrag von Straßen.NRW die Kunststoff-Bewehrte-Erde(KBE)-Konstruktion als zentralen Bestandteil der Widerlager des Brückenersatzneubaus ein. Ressourcenschonende, lokal vorhandene und vollständig recycelbare Baustoffe wurden dabei verwendet.

Die Fertigung des Brückenüberbaus in Seitenlage auf dem Autobahnparkplatz „Hohe Heide“ und das Einfahren/Einheben des gesamten Überbaus inklusive aller Ausstattungselemente unterlagen geltenden technischen Regelwerken. Dagegen war die Herstellung der Widerlager aus KBE eine nicht geregelte Bauweise und gleichzeitig erstmals in Deutschland zentraler Bestandteil der Widerlager des Ersatzneubaus.

Eine Zustimmung im Einzelfall für das Pilotprojekt Stokkumer Straße war somit erforderlich. Für den Bau der Widerlager waren entsprechende Anforderungen und Nachweise zum Trag- und Verformungsverhalten der KBE-Konstruktion vorzulegen. Mit geeigneter integrierter Sensortechnik wurde das Projekt begleitet und es wird regelmäßig damit überwacht, um die Berechnungssätze zu verifizieren und das Sicherheitsniveau im Sinne der Beobachtungsmethode nach DIN 1045 zu gewährleisten.

Pilotprojekt Stokkumer Straße, BAB A3 bei Emmerich. Foto: Heitkamp

Geokunststoffbewehrte Erdkörper sind grundsätzlich in der Lage, hohe Vertikalspannungen bei geringer Verformung abzutragen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Erdkörper mit scherfestem und gut verdichtbarem Bodenmaterial erstellt wird. Außerdem sollten Geogitterbewehrungen verwendet werden, die sich durch eine hohe Dehnfestigkeit und geringes Kriechverhalten auszeichnen. Mithilfe eines recht stark schluffigen, leicht kiesigen Fein- bis Mittelsandes, durch Zugabe von Mischbindemittel insbesondere zur Erhöhung der Steifigkeit qualifiziert verbessert, wurde diese Anforderung erfüllt. Als Geogitter kam ein hochzugfestes biaxiales Geogitter aus dem Rohstoff PVAL (Polyvinylalkohol) zur Anwendung. Die Kurzzeitfestigkeit von 400 kN/m sowie die Langzeitbeständigkeit in alkalischem Milieu zeichnet dieses Geogitter aus.

Nach dem mittlerweile patentierten System wurde lagenweise die in Trag- und Verformungseigenschaften verbesserte Erde mit dem biaxial hochbelastbaren Geogitter eingebaut und verdichtet. Innerhalb weniger Tage waren diese Widerlager einsatzbereit. Auf der KBE-Konstruktion wurde die Auflagerbank des Brückenüberbaus aufgesetzt und hinterfüllt. Seitlich wird der KBE-Block durch Winkelstützwände gestützt, diese aus ästhetischen Gründen mit Vorsatzschalen aus Gabionen verblendet.

Einerseits als optisches Element, andererseits als UV-Schutz für das eingebaute Geogitter sowie als Schutz bei einem Fahrzeuganprall wurde auf der zur Autobahn zugewandten Seite und außerhalb des Böschungsbereichs die Vorsatzschale aus Betonfertigteilen aufgestellt. Planmäßig verblieb ein Spalt, sodass keine Lasten aus der Auflagerbank oder der KBE auf die Vorsatzschale wirken. Diese steift sich durch die U-Form selbst aus und benötigt keine mechanische Verbindung zum Erdkörper.

Auf einem tief liegenden Traggerüst erfolgte die Herstellung des 400 Tonnen Die Widerlager werden mit einem Stampfer von Zeppelin Rental verdichtet. schweren Überbaus in Seitenlage auf dem Autobahnparkplatz. In der Planungsphase der Bauausführung spielte das Einfahren des weichen Stahlverbundüberbaus eine entscheidende Rolle, um den schadensfreien Transport zum Einhub zu gewährleisten. Mit einem Hubgerüst unter den Endquerträgern wurde das fertige Bauteil auf Einbauhöhe angehoben und durch Schwerlasttransportmodule übernommen. Unterschiedliche Verformungen durch den Längstransport sowie Setzungsdifferenzen in den Auflagerpunkten während der Fahrt wurden berücksichtigt und abgesichert. Durch mehrere gekoppelte Hydraulikkreise wurde die statisch bestimmte Lagerung erreicht und der Überbau komplett in Endlage eingefahren. Anschließend wurden die Arbeiten an der Übergangskonstruktion und am Straßenbau durchgeführt. Der Verkehr der A3 wurde durch die innovative Bauweise der Widerlager lediglich an zwei Wochenenden beeinträchtigt, das Pilotprojekt innerhalb von 80 Tagen erfolgreich abgeschlossen.

Die wissenschaftlichen Auswertungen der laufenden Messungen im Hinblick auf übliche Verformungsbegrenzungen des Brückenbaus bestätigen die Eignung der KBE als Widerlager im Brückenbau bei mittleren und kurzen Stützweiten. Damit sind alle Nachweise nach DIN 1054 erbracht. Mit herkömmlichen Erdbaugeräten schnell und kostengünstig hergestellt, stellen diese Brückenwiderlager als dauerhaftes Bauwerk mit einer Nutzungsdauer von 120 Jahren eine geeignete Alternative zu gängigen Bauweisen dar. Zudem sind KBE ohne schweres Gerät voll rückbaubar. Diese Bauweise wird nun auch in die Regelwerke eingeführt.

Die patentierte, aber vor allem nachhaltige KBE-Widerlager-Konstruktion ist durch die Verwendung von Boden statt Beton einzigartig, die so erreichte CO2-Einsparung signifikant. Bereits sechs Brückenbauwerke hat die Heitkamp-Unternehmensgruppe nach dem System der Schnellbaubrücke gebaut und wiederholt wesentlich Bauzeit eingespart. Weitere Brücken sollen folgen.

Juli/August 2023