Schutz sensibler Systeme

Fragil und störanfällig: In diesem Zustand befindet sich unsere Infrastruktur und macht so unsere Wirtschaft verwundbar. Wie schnell unsere Welt in ein Chaos stürzen kann, zeigte sich Mitte Februar, als ein Bagger auf einer S-Bahn-Baustelle mehrere Glasfaserleitungen der Deutschen Telekom durchtrennte und für eine schwere IT-Panne am Frankfurter Flughafen sorgte. Die Konsequenz: Über 200 Starts und Landungen wurden gestrichen.

Eine funktionierende Infrastruktur nehmen wir als eine Selbstverständlichkeit hin – zumindest, solange Autos, Busse und Züge fahren, Flugzeuge fliegen, der Strom für PC und Smartphones vorhanden ist, das Trinkwasser fließt und Abwasser entsorgt wird. Doch wehe, es gibt eine Störung und ein international wichtiges Drehkreuz wie der Flughafen Frankfurt wird lahmgelegt. Wenn nichts mehr funktioniert, fällt es einem wie Schuppen von den Augen, was unsere Infrastruktur 24/7 das ganze Jahr über leisten muss und wie abhängig unser Leben davon ist.

Seit dem Krieg in der Ukraine ist es umso notwendiger, sich vor Angriffen zu schützen und besser auf unsere Infrastruktur aufzupassen. Lieferketten können jederzeit zusammenbrechen. Was das für Folgen hätte für die Versorgung mit Lebensmitteln, wichtigen Bauteilen für die Industrie wie Chips oder Rohstoffen, ist kaum vorstellbar. Wer das bedroht oder angreift, zerstört Wirtschaft und Gesellschaft. Experten müssen sich dringend die Frage stellen, wie sie unsere kritische Infrastruktur, wie Glasfasernetze oder die Energieversorgung, sichern. Denn Hacker suchen gezielt nach Schwachstellen und starten Angriffe, um dann Lösegeld zu fordern. Die Dunkelziffer der Attacken ist groß – viele Firmen scheuen sich, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, um Kunden nicht zu verlieren.

Vor solchen Angriffen sind auch Baufirmen nicht gefeit – auch sie können, wie alle anderen Betriebe, Opfer von Cyberkriminalität werden, wenn Mitarbeiter sorglos aus Versehen oder Unwissenheit einen Mailanhang öffnen, der eine Schadsoftware enthält. Sicherheitsrisiken ergeben sich auch durch die Arbeitsweise auf den Baustellen, insbesondere, weil an verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen Teams gearbeitet wird, die sich dann via Laptop, Tablet und Smartphone in die Unternehmensnetzwerke einwählen. Nicht nur deswegen braucht es Sicherheitsvorkehrungen, sondern auch weil ein Bauprojekt – insbesondere im Zuge von Building Information Modeling (BIM) – die Zusammenarbeit von Fachleuten aus unterschiedlichen Gewerken bedeutet, und Pläne, Entwürfe und andere sensible Informationen ausgetauscht werden.

Die IT der Unternehmen ist längst nicht so stabil, wie immer wieder suggeriert wird. Ein Tag nach dem Bagger-Unfall in Frankfurt störten Hacker Websites von regionalen Flughäfen, sodass diese nicht erreichbar waren. Die Zahl der Angriffe ist deutlich gestiegen – häufig geht es um Datendiebstahl, aber auch um Sabotage. Immer wieder kam es in letzter Zeit zu großflächigen Angriffen auf die Bahn und Zugausfällen in Norddeutschland. Der Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen sieht ein großes Problem darin, dass viele Daten über die kritische Infrastruktur offen im Internet zu finden seien. Doch nicht nur die Bahn bietet hier eine Angriffsfläche, sondern auch die Wasser- und Energieversorgung. Viele Informationen werden leichtfertig online hinterlegt – Mitarbeiter gehen häufig zu sorglos damit um, wenn sie etwas ins Netz stellen oder technische Fragen beantworten. Das ist eine Einladung an Kriminelle. Zugleich ist es auch kaum möglich, Tausende Kilometer freiliegende Schienen, Wasserleitungen sowie Energienetze zu kontrollieren. Umso wichtiger sind daher Sensibilität und Wachsamkeit.

März/April 2023