Weltweit einzigartige Sonderkonstruktion für Cat Kettenbagger 336FLN

Auf ihnen fußt quasi die Energiewende: Stahlrohre. Sie werden benötigt, wenn Tausende Kilometer von neuen Hochspannungsleitungen gebaut und Freileitungsmaste neu errichtet werden, um für deren große Lasten den Untergrund abzutragen. Bislang wurden dafür in der Regel aufwendige Pfahl- oder Ortbetonfundamente hergestellt. Doch das machte Bauvorhaben lang und kompliziert. Das Rohrleitungsbauunternehmen Andreas Petzold setzt auf ein anderes Verfahren, das effizienter und kostengünstiger vonstattengeht, wenn Stahlrohre unter einem Winkel in den Boden gerammt werden. Entwickelt wurde darum eine weltweit einzigartige Sonderkonstruktion für den Cat Kettenbagger 336FLN, um Rammrohrgründungen von Freileitungsmasten auszuführen. Die Baumaschine dient dann der Ausrichtung und Rohrführung. Den dafür nötigen Umbau an der Baumaschine hat erstmals die Abteilung Customizing bei Zeppelin realisiert – ganz in Abstimmung mit dem Rohrleitungsbauer Andreas Petzold, der sich das System dieser Art von Rammrohrgründungen patentieren ließ. In Zukunft sollen damit bis zu 25 Meter lange, bis zu zehn Tonnen schwere und bis zu 16 Millimeter dicke Rohre mit einem Durchmesser von 600 bis 1 000 Millimetern in einem Stück in den Boden eingebracht werden.

Bevor das passiert, müssen die Rohre auf der Baustelle zu ihrer späteren Gesamtlänge verschweißt werden. Mithilfe eines Autokrans, einem fünfachsigen Tadano ATF 220G-5 der 220-Tonnen-Tragfähigkeitsklasse mit einem 68 Meter langen Hauptausleger, wird dann das Rohr samt pneumatischer Ramme in Position gebracht und mit dem Kran in die Rohrführung gehoben. Der Bagger richtet die Führungsvorrichtung senkrecht aus, der Kran lehnt das Rohr an die Führungsvorrichtung an, mit einer Funkfernbedienung können die Arme geschlossen werden, sodass das Rohr am Führungsmasten gehalten wird. Die Führungsvorrichtung greift um das Rohr und richtet dieses mit einem maximal seitlichen Winkel von +/- sechs Grad gegenüber der Senkrechten und einem rückwärtigen Winkel gegenüber der Senkrechten von 12,5 Grad aus. Verstellbare Greifarme am Mast fixieren das Rohr in der gewünschten Stellung und geben ihm den nötigen Halt. Schließlich soll es der Cat Kettenbagger halten, wenn die pneumatische Ramme das Rohr von oben ins Erdreich treibt. Nötig ist dafür lediglich Druckluft. Dadurch wird eine Schlagkraft zwischen 40 und 2 000 Tonnen erzeugt. Diese wird über den Rohrentleerungskegel auf das Stahlrohr übertragen, wodurch dann dieses in das Erdreich eingeschlagen wird.

Bei diesem dynamischen Verfahren entstehen nur minimale Vibrationen. Außer-dem müssen keine aufwendigen großen Baustraßen angelegt werden, was den Boden wiederum verdichtet. Anders, wenn schweres Gerät die Betonfundamente anlegt. „Dann sind Maschinen mit bis zu 120 Tonnen im Einsatz. Bei uns ist bei 60 Tonnen die Grenze erreicht. Ein großer Vorteil des Verfahrens ist, dass sich damit auch in schwierigen Böden Rammrohrgründungen durchführen lassen, was bislang nicht möglich war. Denn bisher hatten die existierenden Geräte nicht ausreichend Schlagkraft“, so Geschäftsführer Andreas Petzold. Hinzu kommt: Erfolgen die Gründungen mit größeren Rohrlängen, wie mit Rohren von 25 Metern Gesamtlänge, können sie in einem Stück eingerammt werden. Alternativen waren in der Vergangenheit großflächige Fundamente und aufwendige Pfahlgründungen, um die Belastung der Freileitungsmasten ins Erdreich abzutragen. „Unser Verfahren der Rammrohrgründung ist dagegen schneller und auch von den Kosten günstiger. Außerdem ist der Materialaufwand niedriger, die Umwelt wird durch wegfallende Schwertransporte geschont und der Boden in den meist ländlichen Gebieten nicht unnötig verdichtet“, ist Andreas Petzold überzeugt. Er und sein Team können langjährige Erfahrung im Pipelinebau vorweisen. Schließlich ist der Betrieb weltweit tätig und bei Bauvorhaben immer wieder mit schwierigen Bodenverhältnissen konfrontiert, die besondere Technologien und Know-how erfordern.

Andreas Petzold (Zweiter von rechts) mit seinen Söhnen Mike (links) und Mark Petzold (Zweiter von links) sowie mit Frans Verheijen (Mitte), Leiter für Zertifizierungen und Projektmanager von der Zeppelin Customizing-Abteilung, als er für den Cat 336 FLN das Verfahren zur Bewertung der Konformität durchgeführt hat. Begleitet hat das Matthias Lietsch (rechts), Verkaufsrepräsentant der Zeppelin Niederlassung Dresden, der den Rohrleitungsbauer betreut. Fotos: Zeppelin

So wurde der Cat Kettenbagger 336FLN nach dem von Andreas Petzold entwickelten Rammrohrverfahren als Rohrführungsbagger konzipiert. „Die Besonderheit ist der komplette Umbau einer Bestandsmaschine mit Baujahr 2015“, so Matthias Lietsch, Verkaufsrepräsentant der Zeppelin Niederlassung Dresden, der Andreas Petzold betreut. Dieser wandte sich an die Experten der unternehmensübergreifenden Customizing-Abteilung von Zeppelin, damit sie die technische Umsetzung und die Umbaupläne für ihn realisieren. Eine kleinere Maschine hat der Rohrleitungsbauer zur Prüfung, ob das Verfahren funktioniert, bereits selbst gebaut. Nun sollte ein größerer Bagger mit einem Gewicht von 45,5 Tonnen die Aufgabe übernehmen. Die Projektleitung dafür verantwortete Frans Verheijen, Leiter für Zertifizierungen und Projektmanager von der Zeppelin Customizing-Abteilung. Seine Aufgabe war es, die Rohrrammanlage zu konstruieren, diese nach den einschlägigen Normen auszulegen und den Umbau zu projektieren. Bauen ließ er für die Stahlrohre eine drei Tonnen schwere bewegliche Mastkonstruktion bei STC in den Niederlanden.

Das Ergebnis des Umbaus: Der Mast, der aus drei Teilen besteht und zerlegbar ist, hat eine Länge von 15 Metern – das reicht aus, um das Rohr mit aufgesetzter Ramme zu halten, einzustellen und zu führen. Für diese Zwecke besitzt der Mast eine Anschlusskinematik an der Auslegerkupplung und ist hydraulisch verstellbar. Drei Klemmarme dienen der Fixierung des Rohrs und drei hydraulisch wegklappbare Rollenböcke gewährleisten dessen sichere Führung. Am Mast wurde zudem ein Drehgelenk für die seitliche Ausrichtung angebracht. Der Winkel sollte arretiert sein. Ein Hydraulikzylinder sorgt für die sichere Verstellung. Das Drehgelenk wird an einem Quergelenk mit waagerechter Achse angehängt, um die rückwärtige Verstellung des Mastes zu erreichen. Ein zweiter Hydraulikzylinder dient ebenfalls der sicheren Verstellung. Das Quergelenk wird mittels einer vierfachen Bolzenkupplung mit dem Retrofit-Ausleger verbunden. Dieser lässt sich anheben, sofern er kein Rohr mit der Ramme angebaut hat.

Im Hinblick auf die Gewichte und Schrägstellungen geht es vor allem um Standsicherheit. Sie muss stets gegeben sein – hier wurde ein Puffer und somit Sicherheitsfaktor eingeplant. Der Mast wird mit einem Stempel auf dem Boden abgesetzt, um die Kräfte im Bagger zu reduzieren. Zusätzliche Standsicherheit bietet der Unterwagen mit seinem Laufwerk und 600 Millimeter breiten Bodenplatten – das Laufwerk wurde teleskopierbar gemacht. Für den Transport lässt sich der Unterwagen hydraulisch auf drei Meter verstellen – ganz ausgefahren werden vier Meter Breite erreicht.

Auch die Kabine lässt sich um 30 Grad kippen, um je nach Position des Rohrs den Arbeitsbereich gut im Blick zu haben. Zwei unterschiedliche Auslegervarianten beziehungsweise Arbeitsausrüstungen stehen bereit. So soll neben der Rohrrammanlage die Erdbauausrüstung in Zukunft weiterverwendet werden können. Ein Schnellwechselsystem wurde daher auch für den Ausleger ausgeführt.

Ende März geht es mit dem Cat 336FLN erstmals auf eine Baustelle Richtung Nordsee, um Gründungsarbeiten durch-zuführen. „Dann muss man Erfahrungen sammeln. Denn jeder Boden ist anders“, so Mike Petzold, der zusammen mit seinem Bruder Mark im Betrieb des Vaters mitarbeitet. Dieser hat schon die nächsten Pläne: Einen größeren Kettenbagger für Rammrohrgründungen umbauen zu lassen. „Möglich ist es – das System funktioniert“, äußert Frans Verheijen, als er für den Cat 336 FLN das Verfahren zur Bewertung der Konformität durchgeführt hat. Das war nötig, um die CE-Kennzeichnung anbringen zu dürfen, um so Andreas Petzold zu bestätigen, dass der gebrauchte Cat Kettenbagger auch nach dem wesentlichen Umbau die Anforderungen an die europäischen CE-Richtlinien wieder vollumfänglich erfüllt.

März/April 2023