Die Gendergap, neudeutsch für Lücke zwischen den Geschlechtern, ist riesig: Ein Blick auf die amtliche Statistik von Hoch- und Tiefbauberufen in Deutschland zeigt, dass diese lediglich zu 1,8 Prozent von Frauen ausgeübt werden. Der geringe Frauenanteil geht auf ein Beschäftigungsverbot im Bauhauptgewerbe in den westdeutschen Bundesländern zurück, an das sich Frauen bis 1994 zu halten hatten. Das Argument: Die Arbeit auf Baustellen sei für sie zu schwer und schmutzig. Kein anderer Wirtschaftszweig zählt bis heute so wenig weibliches Personal zu den Beschäftigten wie der Bau. Auch im Vertrieb von Baumaschinen sind Frauen bislang eine Ausnahme. Eine von ihnen ist Rebekka Pfaff. Seit 2021 betreut sie Kunden der Zeppelin Niederlassung Hanau im Rhein-Main-Gebiet als Verkaufsrepräsentantin. „Ich möchte dabei genauso professionell und zuverlässig meinen Job machen, wie es meine Kollegen tun. Für mich gibt es hier keinen Unterschied, denn es zählt allein die Leistung und hier will ich überzeugen“, macht sie deutlich. Wen wundert es also, dass sie daher auch von einer Frauenquote nicht überzeugt ist.
Immer wieder ist in den Medien die Rede davon, dass es Frauen, wenn sie Berufe auf dem Bau oder in diesem Umfeld ausüben, besonders schwer haben, und gegenüber dem weiblichen Geschlecht angeblich der eine oder andere anzügliche Spruch über die Lippen kommt. Doch stimmt das auch? „Definitiv nein“, schließt Rebekka Pfaff kategorisch aus. „Das habe ich noch nicht ein Mal erlebt. Es ist eine ehrliche und bodenständige Branche. Man redet Klartext miteinander. Wenn es ein Problem gibt, und das passiert nun mal im Geschäftsleben, dann legt man die Karten auf den Tisch und sucht nach einer Lösung, die alle zufriedenstellt.“ Sie schätzt die klare Kommunikation – ohne Wenn und Aber.
Ihr Vater hatte eine Fahrschule und so ist sie mit Fahrzeugen aufgewachsen. Daher lag es nahe, eine Ausbildung zur Automobilkauffrau zu machen – doch bei den Pkw wollte sie nicht bleiben. Sie zog es zu den Lkw. 15 Jahre war sie in der Nutzfahrzeugbranche tätig. Als dann Harald Eichmann von der Zeppelin Niederlassung Hanau in den Ruhestand ging und seine Stelle ausgeschrieben war, hat sie sich beworben und wechselte dann in die Baumaschinenbranche. „Ich hatte einen guten Start dank der Vorarbeit meines Vorgängers, was mir am Anfang sehr geholfen hat. Denn die derzeitige Marktsituation ist im Vertrieb eine Herausforderung für alle Mitarbeiter, ob sie nun schon lange Baumaschinenkunden betreuen oder erst kurz dabei sind wie ich“, räumt sie ein. Unterstützung bekommt sie von ihrem Chef, Niederlassungsleiter Oliver Günther, aber auch von den Kollegen gibt es viel Zuspruch, die ihr Respekt für ihre Leistung zollen. Sie musste sich komplett in eine neue Materie einarbeiten und mit der Technik von Baumaschinen vertraut machen. „Ich hatte erstklassige Unterstützung durch die Kollegen in Hanau. Das hat mir sehr geholfen“, so die Verkaufsrepräsentantin. Umso mehr freut sie sich über ihre ersten Erfolge, die sie etwa mit Gebrauchtmaschinen erreicht hat.
Sollen gebrauchte Baumaschinen in Zahlung genommen werden, überzeugt sie sich vor Ort vom Zustand der Maschinen. Sie nimmt kritische Bauteile unter die Lupe, erstellt Fotos von Details zur Dokumentation und lässt den Motor an, um zu sehen, wie sich der Ausleger eines Baggers oder das Hubgerüst eines Radladers bewegt. Das alles fließt in den Maschinenschätzbericht ein, bei dem Rebekka Pfaff Kollegen aus dem Gebrauchtmaschinenbereich unterstützt. Ihr Hauptfokus ist jedoch das Neumaschinengeschäft. Seit 2021 berät sie Bauunternehmen, Rohstoff- und Recyclingbetriebe, erstellt und kalkuliert passgenaue Angebote für Kunden von Cat Baumaschinen und Anbaugeräten. Stehen Maschinenvorführungen an, begleiten diese Vertriebsprofis wie Rebekka Pfaff, um Fahrer abzuholen und ihnen die neue Technik näherzubringen. Das ist alles Teil der klassischen Arbeitsaufgaben eines Verkäufers oder eben einer Verkäuferin bei Zeppelin. Ob Mann oder Frau: Sie müssen neue Kunden akquirieren, Aufträge an Land ziehen und einen guten Draht zu allen Kunden pflegen sowie eine enge Kundenbindung aufbauen. „Ich behandle alle Kunden gleich und mache keine Unterschiede, egal, ob einer eine Baumaschine oder einen großen Fuhrpark hat. Ich will, dass Kunden mich als ihren ersten Ansprechpartner sehen und immer wieder kommen, wenn sie Baumaschinen brauchen. Das geht nur über Vertrauen. Ich will, dass Kunden sich auf mich verlassen können und wissen, dass ich mich um ihre Anliegen kümmere“, stellt Rebekka Pfaff klar. Unter ihren Kunden ist eine einzige Frau. Sie ist Betriebsleiterin – der Rest sind alles Männer, die eine Baufirma oder einen Betrieb leiten, MTA-Leiter oder Bauleiter sind. Doch wie reagieren sie, wenn sie auf eine Verkäuferin treffen? „Wer sich engagiert und was von der Sache versteht, der wird bereitwillig akzeptiert. Da gibt es dann auch keine Vorurteile. Frauen gehen manches anders an. Das ist nicht schlechter oder besser, aber das macht eben den Unterschied aus. Wichtig ist, dass man Leidenschaft für den Vertrieb und für die Produkte wie Cat Baumaschinen mitbringt und auch die Branche und die Kunden versteht. Nicht jeder Tag läuft gleich. Da darf man sich nicht unterkriegen lassen, sondern muss sich immer denken: Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus und dann packe ich die Arbeit an“, macht Rebekka Pfaff klar.
März/April 2023