bauma zeigt digitale Trends der Zukunft

Auch diesmal werden auf der bauma wieder digitale Lösungen allgegenwärtig sein. Die Digitalisierung ist in der Baumaschinenindustrie ein Megatrend, an dem kein Aussteller in München vorbeikommt, wenn er sich auf der Weltleitmesse der Branche vom 24. bis 30. Oktober 2022 präsentiert. Maschinendaten sind längst die Grundvoraussetzung für effizientes Bauen – sei es für eine vorausschauende Wartung oder sei es für einen reibungslosen Ablauf für weitere Prozesse auf den Baustellen. Ebenso spielen Datenmanagement, BIM, Virtual und Augmented Reality und digitale Zwillinge eine zunehmend entscheidende Rolle für erfolgreiches digitales Arbeiten. Außerdem helfen digitale Tools Arbeitsabläufe zu automatisieren, was nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels immer relevanter wird.

Eine andere Entwicklung hat wiederum die digitale Entwicklung selbst beflügelt: So mag sich mancher Besucher die Frage stellen: Warum soll ich überhaupt nach München zur bauma anreisen, wenn ich meine Informationen bequem auch online zu Hause oder im Büro erhalte? Die Pandemie hat digitalen Veranstaltungsformaten einen Aufwind beschert. Doch der Münchner Messechef Stefan Rummel ist überzeugt: „Digitale Lösungen und Abläufe werden zwar in Zukunft immer wichtiger. Dennoch lässt sich der persönliche Kontakt weder digitalisieren noch ersetzen. Neue Netzwerke, neue Innovationen und neue Kunden entstehen in persönlichen Begegnungen auf Messen. Doch das Kerngeschäft kann dadurch sinnvoll ergänzt und ausgebaut werden.“ Dementsprechend müssen auch die bauma-Aussteller reagieren, wenn das Internet im Business-to-Business-
Bereich immer stärker als Informationsquelle dient, um ihre Markenwelt attraktiv in Szene zu setzen. Daher sind digitale Lösungen inzwischen wichtige Bestandteile des Messegeschäfts – auch bei Zeppelin rückt ein Technologie-Bereich in den Mittelpunkt des bauma-Messeauftritts in der Halle B6. Das Kerngeschäft und die Präsentationen am Messestand können durch digitale Tools sinnvoll ergänzt werden. Umgekehrt helfen Messen wie die bauma auch, die Digitalisierung in der Branche voranzutreiben.

Digitalisierung wird eines der Hauptthemen der bauma in München werden. Foto: Zeppelin

Was das Investitionsverhalten betrifft, denkt der Münchner Messechef Stefan Rummel, dass die Kunden die Produkte, die sie kaufen möchten, vorher auf einer Messe gesehen haben wollen. Dem entgegen steht ein weiterer Trend, auf den Aussteller Zeppelin ebenfalls durch ein eigenes Online-Angebot reagiert hat. Denn auch im Handel von Baumaschinen gewinnt E-Commerce an Bedeutung – durch B2B-Onlineshops lassen sich moderne Vertriebskanäle und Kommunikationsmöglichkeiten nutzen. So wird daher am Messestand in der Halle B6 der neue Zeppelin-Cat-Shop vorgestellt, der Kunden neben dem klassischen Vertrieb und dem etablierten Niederlassungsnetz eine weitere Möglichkeit bietet, das nötige Equipment für die Baustelle zu erwerben. Online zum Kauf angeboten wird eine Auswahl an kompakten Cat Baumaschinen wie Mini- und Kettenbagger sowie Walzen, aber auch passende Anbaugeräte wie Hämmer, Löffel, Schaufeln, Bohrgeräte, Kegelholzspalter, Kehrmaschinen sowie entsprechende Ausrüstung wie mobile Tankstellen. Das neue Online-Sortiment orientiert sich an der bisher gängigen Kundennachfrage. Anbaugeräte kann der Kunde individuell samt den für den Anbau notwendigen Teilen wie etwa Adapter, Kopfplatten und Schlauchsätze zusammenstellen und profitiert von transparenten Preisen sowie einer einfachen Abwicklung.

In eine ganz andere Richtung geht es bei Sensoren und Kommunikationsschnittstellen zur Erfassung und Auswertung von Daten wie beispielsweise zu Standort und Verbrauch einer Baumaschine. Sie sind längst Standard – der Schlüssel dazu ist das Flottenmanagement. Es liefert Antworten auf Fragen wie: Wo befindet sich die Maschine? Wie viele Betriebsstunden hat sie geleistet und wie hoch ist der Leerlaufanteil? Ganze Fahrzeugflotten können per Telematik verwaltet werden. Beim bauma Talk vor wenigen Wochen erklärte Alexander Mozer, Teamleiter Maschinendigitalisierung bei Leonhard Weiss: „Vor dem Hintergrund der CO2-Emissionen kann uns die Telematik wichtige Informationen über den Treibstoffverbrauch jeder Maschine liefern. Digitale Positionsangaben helfen, Suchzeiten zu reduzieren und automatisch erfasste Betriebsstunden sind ein wichtiger Parameter für die Wartungsplanung und Abrechnung.“ Grundvoraussetzung dafür ist ein einheitlicher und herstellerübergreifender Kommunikationsstandard für eine Maschine-zu- Maschine-Kommunikation (M2M). Um den Bauprozess weiterzuentwickeln, gründeten der VDMA und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie auf der letzten bauma bereits die Arbeitsgemeinschaft „Machines in Construction 4.0“ (MiC 4.0). Aktuell arbeiten 105 Mitglieder aus sieben Nationen in 31 Arbeitsgruppen an den diversen Teilaspekten von MiC 4.0. Eines der bisherigen Ergebnisse ist der MiC 4.0 Bus – ein Demonstrator der neuen Schnittstelle wird auf der bauma am MiC 4.0-Stand in der Innovationshalle LAB0 in Aktion zu sehen sein. Hierbei handelt es sich um eine offene, herstellerunabhängige Datenschnittstelle zwischen Baumaschine und Anbaugerät. Auf dem Weg zur digitalen Baustelle müssen noch etliche Hindernisse – allen voran fehlende Datenstandards – ausgeräumt werden. Allerdings erschweren unterschiedliche Schnittstellen, Erfassungsgenauigkeiten und -intervalle sowie Dateninterpretationen die Einbindung und das Management, wie Alexander Mozer erläuterte: „Schon das Hinzufügen oder Löschen einer Maschine im System kann hier sehr zeitaufwendig werden.“ Nach den Beobachtungen von Professor Jürgen Weber, Inhaber der Professur für Fluid-Mechatronische Systemtechnik an der TU Dresden und Leiter des Verbundforschungsprojekts Bauen 4.0, sorgen nicht nur die inhomogenen Maschinenflotten mit ihren unterschiedlichen Datenlösungen für Probleme bei der Umsetzung der Vision einer digitalen Baustelle. „In vielen Fällen ist kein mobiles Internet verfügbar, es mangelt an der erforderlichen Netzabdeckung“, erläuterte der Experte. Als mögliche Lösung präsentierte er ein Konzept, das ein lokales Netzwerk mit einem Baustellenkontrollsystem kombiniert. Dabei laufen auf einem Server Programme, die beispielsweise alle Maschinendaten speichern und analysieren sowie den Bauprozess in Echtzeit simulieren können. „Damit die Maschinen mit dem zentrale Baustellenkontrollsystem und auch untereinander Daten austauschen können, müssen sie mit einem Connectivity-Modul ausgestattet werden“, beschrieb Professor Weber den Schritt.

Aber auch cloudbasierte Lösungen läuten einen Paradigmenwechsel ein. Sämtliche Aktivitäten mehrerer, teilweise Hunderte Kilometer voneinander entfernter Baustellen gleichzeitig koordinieren – das ist längst keine Zukunftsmusik mehr. Denn cloudbasierte Lösungen machen Bauvorhaben wie diese möglich. Planung, Umsetzung, Überwachung und Optimierung von Bauprojekten laufen so komplett digital ab. Dafür müssen alle Akteure nur miteinander vernetzt sein und die Prozesse elektronisch abgewickelt werden. Eine immer engere Vernetzung von Telematikdaten ist nötig, um etwa auch die Online-Bestellung von Ersatzteilen für Baumaschinen abzuwickeln oder andere Daten, die für den Betrieb der Baumaschinen nötig sind, wie Ergebnisse von Öldiagnosen, abzurufen. Denn Werkstattmitarbeiter müssen wissen, ob und wann Wartungsmaßnahmen erforderlich sind. Oder wenn die darüber erfassten Daten wie Fehlercodes eine Ferndiagnose genauso wie die Fehlererkennung von Baumaschinen erlauben – und das vorausschauend, bevor die Störungen überhaupt auftreten und mit ungeplanten Kosten zu Buche schlagen. Die nächste Stufe der Entwicklung ist eine effiziente sowie schnelle Wartungsplanung, indem Instandhaltungsmaßnahmen planbar und Abnutzungsreserven von Verschleißteilen besser genutzt werden können. Um den Zustand von Baumaschinen zu überwachen, hat Zeppelin beispielsweise die neue digitale Plattform Como entwickelt, mit der in Zukunft eine effiziente und schnelle Wartungsplanung möglich ist. Über Como können Anwender ab sofort Instandhaltungsmaßnahmen selbst verwalten und so den Überblick über ihren Maschinenpark behalten. Treten Störungen an Baumaschinen auf, können sie über Como einfach entschlüsselt und interpretiert werden, um daraus eine Handlungsempfehlung abzuleiten. In einer Übersicht wird die Historie der Maschine bezogen auf ihre in der Vergangenheit aufgetretenen Event- und Diagnosecodes dargestellt, sodass ersichtlich wird, wie häufig ein solcher Code schon aufgetreten ist. Kommt es gleichzeitig zu verschiedenen Problemen, werden die Codes priorisiert und in Handlungsempfehlungen umgewandelt. „Durch die Analyse von Daten können wir den Betriebszustand der Maschinen genau beurteilen, um Kunden proaktiv dabei zu unterstützen, damit sie den Betrieb ihrer Maschinen maximieren und Kosten durch ungeplante Ausfälle minimieren können“, so Christoph Lindhuber, Leiter Zentrale Serviceorganisation von Zeppelin.

Umgekehrt lassen moderne Technologien wiederum Bauberufe attraktiver erscheinen. So erfordern die immer größer werdenden Bauaufgaben bei der Infrastruktur auch qualifizierte Mitarbeiter. Doch den Unternehmen stehen immer weniger Fachkräfte zur Verfügung – gleichzeitig steigt das Pensum an Arbeit. „Angesichts des Fachkräftemangels kann dieser nicht länger allein durch mehr Menschen erreicht werden“, ist sich Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, sicher. Stattdessen sollten digitale Arbeitsmethoden, innovative Produkte und Maschinen sowie die Möglichkeiten industrieller und zunehmend auch KI-unterstützter Prozesse verstärkt in den Mittelpunkt rücken. „Themen, die wiederum Begeisterung bei jungen Menschen auslösen und neben der Produktivität auch die Branchenattraktivität steigern würden“, so Müller. Hier spielt nach seiner Auffassung auch die moderne Baumaschinentechnik eine bedeutende Rolle. „Schon heute merken wir an den steigenden Zahlen der Auszubildenden, dass zum Beispiel das Berufsbild des Baumaschinenführers oder der Baumaschinenführerin wieder deutlich an Attraktivität gewinnt. Das hat viel damit zu tun, dass der Arbeitsplatz in der Fahrerkabine in den letzten Jahren immer digitaler, aber auch komfortabler geworden ist“, berichtet der Branchenexperte. Davon können sich Besucher auf der bauma selbst ein Bild machen, wenn sie einen Blick in die Fahrerkabinen der neuesten Maschinengeneration werfen.

September/Oktober 2022