Keine Einladung an Diebe

Es passiert täglich in Deutschland, dass sich unbekannte Täter unerlaubterweise Zutritt auf Baustellen verschaffen, literweise Diesel von Baumaschinen abzapfen oder gleich den ganzen Bagger oder Radlader entwenden. Der verursachte Schaden beläuft sich laut Polizeiangaben auf mehrere Millionen. Wenn die Diebesbeute verschwunden ist, kostet das den Bauunternehmer viel Geld. Es ist nicht nur der Wert der gestohlenen Maschine an sich, sondern Kosten entstehen auch durch auftretende Verzögerungen auf der Baustelle. Fehlt die Baumaschine, stocken möglicherweise Bauarbeiten. Die nachfolgenden Gewerke können nicht weitermachen, und die Abläufe auf den Baustellen können durcheinanderkommen. Angesichts der langen Lieferzeiten kann es schwierig sein, kurzfristig ein Ersatzgerät zu beschaffen. Umso wichtiger ist es, dem Diebstahl vorzubeugen. Was Unternehmen hier tun können, erklärt Swidgard Walter. Sie kümmert sich bei Zeppelin darum, dass gestohlene Baumaschinen auch beim Hersteller Caterpillar weltweit als solche registriert werden, um so der Polizei bei der Aufklärung der Diebstahldelikte zu helfen, damit Unternehmen nach einem Diebstahl wieder ihre Baumaschine erhalten.

Baublatt: In Deutschland entwenden Autodiebe nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am häufigsten große Geländewagen. Welche Baumaschinen sind bei Dieben besonders begehrt?

Swidgard Walter: In Deutschland sind Minibagger der Größenordnung der 1,8- bis 8,0-Tonnen-Klasse und kompakte Radlader der Größenordnung 3,7 bis 4,1 Tonnen sehr beliebt. Beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden sind dazu noch über 200 Fälle von Maschinendiebstahl offen, die bislang noch nicht aufgeklärt werden konnten. Dabei wecken nicht nur kleine Maschinen Begehrlichkeiten, sondern es werden auch Kettenbagger zwischen 20 und 30 Tonnen Einsatzgewicht entwendet.

Baublatt: Was sind die effektivsten Maßnahmen für Bauunternehmen, sich vor Diebstahl zu schützen?

„Auch Aufkleber wie „Diese Maschine wird per GPS überwacht“ haben abschreckende Wirkung.“

Swidgard Walter: Es gibt nicht eine einzelne Maßnahme allein, die davor schützt, sondern in der Regel empfiehlt sich eine Kombination verschiedener Schutzmechanismen. Wenn ein Fahrer den Zündschlüssel nach dem Verlassen der Baumaschine stecken lässt, kommt das quasi fast schon einer Einladung für die Diebesbanden gleich. Wie heißt es so schön: Gelegenheit macht Diebe. Umso wichtiger ist es, solche Gelegenheiten gar nicht erst zu ermöglichen. Daher den Zündschlüssel immer abziehen. Das gilt auch für den Batteriehauptschalter. Noch besser wäre es, diesen mit einem Vorhängeschloss zu sichern. Weil Cat Schlüssel sehr verbreitet sind, ist es sicherer, eine Sicherheits-PIN zum Starten der Maschine zu nutzen und die PIN mindestens alle zwölf Monate zu wechseln. Der PIN-Code ist individuell wählbar und muss beim Starten der Maschine im Display in der Kabine eingegeben werden. Stimmt dieser mit dem eingespeicherten PIN-Code in der Elektronik überein, wird der Motor zum Starten freigegeben. Somit erhalten nur autorisierte Personen den Zugang. Eine weitere Hürde ist es, einen zusätzlichen Unterbrecherschalter für die Zündung im Motorraum und in der Kabine zu installieren. Auch Aufkleber wie „Diese Maschine wird per GPS überwacht“ haben abschreckende Wirkung. Baumaschinen nur so viel zu betanken, wie tagsüber an Sprit verbraucht wird, oder sie mit dem Aufkleber „Biodiesel“ tarnen, sind gut gemeinte Ratschläge, die trotzdem nicht verhindern, dass sich Diebe vor allem gewaltsamen Zutritt verschaffen und dabei viel kaputt machen. Eine weitere Hemmschwelle ist es, die Baumaschine in einer auffälligen Firmenfarbe zu lackieren – diese müsste dann erst umlackiert werden, sollten sie Diebe veräußern wollen.

Baublatt: Was hat bei Dieben abschreckende Wirkung und was lässt sich kurzfristig und leicht realisieren?

Swidgard Walter: Diebe nehmen immer den Weg des geringsten Widerstandes. Daher sollte man ihnen den Diebstahl so schwer wie möglich machen und das Equipment absperren, verschließen, festzurren, an einen Kran hängen und außer Reichweite bringen, sonst ist es ruckzuck aufgeladen für den Abtransport. Es beginnt bereits beim Zugang auf die Baustelle, indem die Baustelle abgesperrt wird durch blickdichte Bauzäune. Sie können das erste Hindernis sein. Zugangstore und Zutrittskontrollen behindern den unerlaubten Zutritt. Wird tagsüber bemerkt, dass Personen auf der Baustelle herumschleichen, die dort eigentlich nichts zu suchen haben, dann sollten die Alarmglocken läuten: Vielleicht wird schon mal ausgekundschaftet, welche Geräte eine lukrative Diebesbeute wären. Mitarbeiter sollten aufmerksam verfolgen, wer sich auf der Baustelle befindet. Hinweisschilder, wie „Diese Baustelle wird videoüberwacht“, lässt Diebe einen Bogen darum machen. Präventiven Schutz bieten Sicherheitsfirmen, welche die Baustellen kontrollieren. Das ist natürlich immer eine Frage des Geldes. Gerade bei größeren Maßnahmen kann sich aber eine Sicherheitsfirma durchaus lohnen – zumal viele Bauarbeiten abseits von öffentlichen Straßen und abgeschieden auf weitem Feld und Flur ausgeführt werden. Auch wie Baumaschinen nach Feierabend geparkt werden, kann einen Diebstahl verhindern. Es ist daher immer besser, Baumaschinen nicht weit verstreut abzustellen, sondern in einer engen Reihe zu platzieren, kleinere Geräte in die Mitte zu nehmen und sie durch schwere Baumaschinen am Rand abzuschotten, sodass man an die Kompaktgeräte nur durch Rangieren rankommt.

Baublatt: Gibt es bestimmte Muster, wie Diebe vorgehen, und welche Rückschlüsse lassen sich daraus ziehen?

Swidgard Walter: Die Diebstähle passieren überwiegend auf Baustellen meistens nachts und am Wochenende, wenn die Baustelle nicht besetzt ist. Der Dieb will nicht auffallen und kommt in ordentlicher Arbeitskleidung mit einem Transportfahrzeug, an dem nichts zu beanstanden ist. Alles sieht sehr professionell aus. Ferner wird das Diebesgut vorschriftsmäßig für den Transport gesichert. Die Diebe haben auch schon die passenden Transportpapiere vorbereitet und dabei, sollten sie dann kontrolliert werden.

Baublatt: Wie hat sich der Diebstahl von Baumaschinen entwickelt, seitdem elektronische Wegfahrsperren, GPS-Ortungssysteme sowie Telematikboxen installiert sind?

Swidgard Walter: Leider ist ein Rückgang der Diebstähle nicht zu sehen, da viele Kunden sich scheuen, Geld für die Übertragung von Telematikdaten, welche die GPS-Position, Betriebsstunden und Kraftstoffverbrauch beinhalten, auszugeben. Damit könnten die Bewegung sowie der Betriebszustand der Baumaschinen rund um die Uhr überwacht werden – die Datenübertragung erfolgt via Mobilfunk selbst dann, wenn eine gestohlene Baumaschine über 500 Kilometer bewegt wird und im benachbarten Ausland auftaucht. Doch leider wird überwiegend nur die kostenfreie Variante „Cat Daily“ in Anspruch genommen. Diese sendet nur einmal am Tag die GPS-Position. Ferner stehen sehr viel Baumaschinen einladend und ungesichert auf den Baustellen. Sie können sofort gestartet werden.

Baublatt: Wieso gelingt es Dieben, trotzdem die GPS-Überwachung zu überlisten und kann man darauf dann nicht eigentlich verzichten?

Swidgard Walter: Da es unterschiedliche Systeme der GPS-Überwachung gibt, demontieren die Diebe zuerst die sichtbare Antenne. Viele Systeme haben keine separate Batterie, um trotzdem noch Daten senden zu können. Ferner nutzen Diebe sogenannte Handy-Jammer, um das Radiosignal der Telematikbox zu unterdrücken, bevor sie mit dem eigentlichen Diebstahl beginnen.

Baublatt: Sie melden bei Caterpillar eine gestohlene Baumaschine. Was hat das für Auswirkungen für die Aufklärung bei Diebstählen?

Swidgard Walter: Bei Caterpillar gibt es dafür eine eigene Datenbank. Unter SMDT, das steht für stolen-missing-demolition-total-loss, also gestohlen, vermisst, beschädigt, Totalschaden, wird ein Diebstahl hinterlegt. Geht eine Meldung darüber ein, können andere Händler von Caterpillar weltweit sehen, dass es einen Eintrag über den Verlust der Maschine gibt. Wird irgendwo ein Ersatzteil für die Baumaschine bei einem Caterpillar Händler bestellt, muss erst überprüft werden, ob der Kunde, der sich meldet, auch tatsächlich diesem Gerät zugeordnet werden darf.

Baublatt: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Firmen an ihre Maschinen noch rankommen, wenn sich diese bereits im Ausland befinden?

Swidgard Walter: Es muss auf jeden Fall eine Anzeige bei der Polizei eingehen. Zeitgleich wird bei der zuständigen Versicherung der Verlust angezeigt. Die Rechnung dient als Eigentumsnachweis über den Erwerb des gestohlenen Gerätes und enthält die vollständige 17-stellige PIN, sprich die Product Identification Number, also die vollständige Seriennummer. Sie ist der entscheidende Nachweis des Eigentümers einer Baumaschine und muss vorliegen, weil sich so das Gerät eindeutig identifizieren lässt.

Baublatt: Wie reagieren Unternehmen richtig und welche Informationskette setzen sie in Gang, wenn ihre Baumaschine gestohlen wurde?

Swidgard Walter: Sofort muss eine Anzeige bei der Polizei erfolgen und der Verlust der Versicherung gemeldet werden. Es empfiehlt sich dringend, die zuständige betreuende Zeppelin Niederlassung über den Diebstahl der Cat Baumaschine zu informieren, damit diese das ins ERP-System eintragen können. Sollten Bestellungen von Ersatzteilen dafür eingehen oder der Kundendienst Servicearbeiten ausführen, ist sofort ersichtlich, dass hier etwas nicht stimmt.

Baublatt: Welche Unterlagen und Daten sollten Firmen griffbereit haben, wenn sie die Polizei informieren, dass ihr Bagger verschwunden ist?

„Am besten wäre noch, wenn das Unternehmen die Seriennummern des Motors, von den Achsen oder der Fahrerkabine angeben kann. Diese werden immer wieder bei mir von der Polizei angefragt.“

Swidgard Walter: Wie bereits erwähnt, müssen die Rechnung über den Erwerb des Gerätes und eine Kopie der EU-Konformitätserklärung vorliegen, die über Besonderheiten wie eine Sonderlackierung oder besondere Anbauteile zum Zeitpunkt des Diebstahls Aufschluss geben. Am besten wäre noch, wenn das Unternehmen die Seriennummern des Motors, von den Achsen oder der Fahrerkabine angeben kann. Diese werden immer wieder bei mir von der Polizei angefragt. Über den Motor kann ich Auskunft geben, aber bei den Fahrerkabinen ist es schwierig, da diese nicht im System hinterlegt sind, sondern nur als Baugruppennummer zu identifizieren sind. Hier sind aber wiederum Zeppelin Kollegen gefragt, bei der Maschinenübergabe die Daten zu erfassen, damit diese in unser ERP-System eingetragen werden können.

Januar/Februar 2023