Voraussetzung für die Energiewende ist es, Windstrom von Nord nach Süd zu transportieren. Damit das gelingt, braucht es nicht nur überirdische Stromleitungen, sondern auch viele Kilometer erdverlegte Kabel, die in eine Kabelschutzrohranlage installiert werden. Das gilt insbesondere für das Netzausbauprojekt CCM, dessen Inbetriebnahme für das Jahr 2026 vorgesehen ist. Im Zuge der Stromversorgung in Niedersachsen und Deutschland wird ein 125 Kilometer langes Leitungsbauvorhaben vom Umspannwerk Conneforde im Ammerland bis in den Raum Merzen im Landkreis Osnabrück verlaufen. Bei der hauptsächlich als Freileitung geplanten Stromtrasse wird PPS Pipeline Systems aus Quakenbrück einen 3,6 Kilometer langen Erdkabelabschnitt verlegen. Im doppelten Sinn stellt dies eine Premiere für das Bauunternehmen dar. Denn es muss nicht nur die Bau-, sondern auch die Ausführungsplanung und das Detail Engineering erbringen – ein Novum in der 70-jährigen Firmengeschichte. Es ist der erste Job, bei dem der PPS Geschäftsbereich Winter Rohrbau mit der Abteilung Erdverlegter Rohrleitungsbau die Rohr- und Tiefbauleistungen für den Auftraggeber und Übertragungsnetzbetreiber TenneT auf der Baustelle in Garrel komplett in Eigenregie abwickelt.
Auf Basis des Planfeststellungsantrags musste PPS erstmals selbst das Konzept zur Ausführung erstellen. Hierzu gehören neben dem Detail Engineering der Kabelleerrohranlage auch Themen wie das Wege-, Logistik-, Lärmschutz-, Brandschutz-, Naturschutz-, Wasserhaltungs- sowie ein Bodenmanagementkonzept. Ebenfalls musste die Kampfmittelfreiheit in Korrespondenz mit dem Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) bescheinigt werden. Darüber hinaus mussten alle involvierten Behörden sowie öffentliche und private Baulastträger miteinbezogen werden. „Wir mussten jede einzelne Information wie ein Puzzle zusammenfügen und logischerweise jeden einzelnen Schritt im Detail planen und darlegen, wie wir die 3,6 Kilometer lange Trasse für das Erdkabel mit einer Leistung von 380 KV bauen wollen. Das war komplett Neuland für PPS und mich persönlich, weil wir kein Planungsbüro im eigentlichen Sinne sind. Es war wirklich anspruchsvoll. Hinzu kam noch, dass TenneT ein Neukunde für uns war“, erklärt PPS-Bauleiter Friedhelm Wolters, seit 1993 im Unternehmen beschäftigt und seit über 20 Jahren in der Bauleitung tätig.
Zusammen mit dem Projektleiter Bastian Schlarmann und der Projektleiterin Marisa Varchmin machte er sich an die Aufgabe, für die sich das Trio Unterstützung durch ein Vermessungs- und Ingenieurbüro sowie ein Ingenieurbüro für Bodenkunde holte. „Im August hat uns dann Marisa Varchmin verlassen, um sich ihrer Doktorarbeit zuzuwenden, sodass wir seitdem zu zweit das Bauprojekt leiten, das im Wesentlichen mittlerweile fertig ist“, so Friedhelm Wolters. Konkret sind bereits Rohre auf einer Länge von 43 Kilometern unter der Erde verbaut worden. Der Tiefbau-Trassenabschnitt beträgt 3,6 Kilometer und verläuft zwischen der sogenannten Kabelübergangsanlage nördlich von Beverbruch und dem künftigen Umspannwerk Garrel/Ost, das westlich von Beverbruch entsteht. „Die Länge der Trasse ist zwar relativ klein im Vergleich zu den Projekten im Pipelinebau, die PPS sonst ausführt. Doch um sich mit der Materie Kabelleitungstiefbau vertraut zu machen, bietet das Vorhaben, das sich nahezu vor der Haustür unseres Firmensitzes abspielt, gute Voraussetzungen. Im Hinblick auf die Ausführungsplanung haben wir uns viele Gedanken gemacht und auch eine Menge dazugelernt, was uns in Zukunft bei weiteren Bauaufgaben hilft“, fügt der Bauleiter hinzu. Eine weitere Erkenntnis: „Wir haben erkannt, dass wir die Planung ab einem gewissen Planstand übernehmen und erfolgreich umsetzen können. Zwar können wir nicht alle Aufgaben in Eigenleistung lösen, jedoch Planungsbüros und Experten moderieren und committen, sodass die Ausführungsplanung maßgeschneidert auf die Belange der praktischen Umsetzung passt. So dürfen wir in Bezug auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit behaupten, neue Maßstäbe zu setzen.“
Ein halbes Jahr Vorbereitung hatten seine Kollegen und er Zeit, um die Bauausführung im Detail zu planen und vorzubereiten. Der erste offizielle Spatenstich des Auftraggebers für die Gesamtmaßnahme erfolgte dann im Frühjahr auf dem Projektabschnitt. Zwei Rohrleitungsgräben für je sechs Schutzrohre mussten seitdem in einer Tiefe von 1,80 Metern angelegt werden. Diese haben in der Sohle eine Breite von sechs Metern. Da das Grundwasser bereits ab einer Tiefe von circa 1,20 Metern ansteht, befinden sich diese somit im Grundwasserkörper, was die Wärmeableitung der Kabel im späteren Betrieb begünstigt und keine Bodenkonditionierung erfordert. Jedoch waren durch die Situation Maßnahmen zur Grundwasserabsenkung erforderlich. Die Planung und Ausführung wurden dann mit einem langjährigen Partner und Fachbetrieb umgesetzt. Des Weiteren wurden zwei Straßenzüge samt üblichen kommunalen Versorgungsmedien sowie eine Ferngasleitung DN 1000 mittels 42 Horizontalspülbohrungen geplant und unterquert.
Bei der Ausführung der Planungsleistung ist zu erwähnen, dass die gesamte Baumaßnahme mit einer Detailtiefe von über 90 Prozent im Rohr- und Tiefbau in einem digitalen Geländemodell dargestellt werden konnte. Abgerundet wurde die technische Planungsleistung durch die Verknüpfung des Geländemodells mit dem Kalkulationsprogramm und Bauzeitenplan. Nicht nur die eigene Projektbetrachtung wird damit auf ein neues Qualitätslevel gehoben. Auch der Kundenseite wird größtmögliche Transparenz bei der technischen Ausführungsplanung, Bauzeitenplanung Budgetplanung, der Aufmaßermittlung und Abrechnung geboten.
Die für den Aushub der beiden Rohrgräben nötige Maschinentechnik wurde von PPS im Hinblick auf Projekte im Zuge der Energiewende 2022/2023 über den Zeppelin Konzernkundenbereich sowie die Niederlassung Osnabrück angeschafft, um Aufgaben mit eigenen Baumaschinen zu stemmen. Eingesetzt werden Cat Mobilbagger, Radlader und Kettenbagger wie ein 326 und zwei 323 der neuen Generation. „Während des Aushubs haben wir festgestellt, dass die Bagger durchaus auch eine Nummer größer hätten sein dürfen, insbesondere bei einem so großen Rohrgraben, wenn man seitlich steht und die entgegengesetzte Anschnittskante ziehen will. Denn dann war der Ausleger komplett ausgefahren“, äußert der PPS-Bauleiter. Verstärkt hat sich das Bauunternehmen für das Vorhaben auch hinsichtlich der Vermessung, etwa durch eine 3D-Steuerung bei den Baggern, Stabroversystemen und einer eigenen Vermessungsdrohne. „Somit sind wir auf der Baustelle und in Zukunft sehr fortschrittlich unterwegs“, stellt Friedhelm Wolters weiter dar. Die eigenen Vermesser wurden nahezu täglich auf der Baustelle gebraucht. „Damit sind wir schneller und effizienter beim Abstecken, Einmessen und der Aufmaßerstellung“, ergänzt Friedhelm Wolters. Fortbildungen gab es für die Kollegen, die dabei unterstützten, und die Baggerfahrer mussten sich auch mit der neuen Technik vertraut machen. Inzwischen hat sich alles gut eingespielt. Geändert hat sich der Arbeitsablauf dahingehend, dass die Maschinen für die Profilierung nicht mehr direkt vor dem Rohrgraben stehen, sondern dank der 3D-Steuerung erfolgt diese seitlich.
Zwischen beiden Trassen verläuft eine Baustraße, von der aus die Baumaschinen die gewaltigen Massen für den Aushub bewegen. „Wir haben im Prinzip immer in 260-Meter-Schritten gearbeitet. Montags und dienstags wurde der Graben geöffnet. Dann wurden die Stränge eingezogen. Schließlich mussten die PE-Rohre an Ort und Stelle noch zusammengeschweißt werden. Eine Kamera überprüfte alle Schweißnähte, und die Innenwülste wurden entfernt. Das wurde genau als Nachweis dokumentiert. Mittwochs und donnerstags wurde dann alles wieder verfüllt. So verlief die Woche in Etappen, und so haben wir uns durch das Projekt gearbeitet. Das hat wunderbar funktioniert. Wir haben gezeigt, dass Tiefbau und Rohrleitungsbau erfolgreich in dieser Kombination zusammenarbeiten können. Der Kunde ist sehr zufrieden und wir sind gerüstet für kommende Projekte“, erklärt der PPS-Mitarbeiter.
Dabei spielten dem Unternehmen die sehr guten Bodenverhältnisse in die Karten. 30 Zentimeter dick war der Mutterboden und darauf folgten ein feiner Sand sowie schluffiger Boden, der die Eigenschaft von großer Durchlässigkeit aufweist. Somit hatte starker Regen auch keine Auswirkungen und führte auch nicht zu einem Baustopp oder zu Verzögerungen. Archäologische Prospektion war nicht nötig. „Als wir einen asphaltierten Feldweg queren mussten, tauchte plötzlich ein Anwohner auf und berichtete, dass in Kriegszeiten in einem Wassergraben im Umfeld zum Trassenverlauf Munition aus dem Zweiten Weltkrieg entsorgt worden war. Mit dem Wissen, dass wir auf Blindgänger stoßen könnten, haben die Baggerfahrer sofort pausiert und wir haben einen Kampfmittelräumdienst beauftragt. Bei der baubegleitenden Sondierung konnte man nichts feststellen – zum Glück. Das hat uns nur etwas Zeit gekostet“, so der Bauleiter.
Auch wenn die Schutzrohre für das Erdkabel inzwischen im Graben liegen, ist der Auftrag noch nicht abgeschlossen, sondern PPS wird noch komplett 2024 damit zu tun haben. Im Dezember wurde bereits damit begonnen, 15 000 Quadratmeter Stand- und Zugflächen für Kabelzüge herzustellen, damit es dann im Frühjahr mit der Arbeit weitergehen kann. Das bedeutet, dass die Flächen mit rund 12 000 Tonnen Schotter entsprechend befestigt werden. Dann werden Kabelfirmen die entsprechenden Kabel in das Schutzrohr einziehen. In Summe gibt es drei Muffengruben, in denen die Kabel, die pro Trommel mit maximal 1 100 Metern Länge aufgerollt sind, miteinander verbunden werden. Der Transport der drei Trommeln mit je 50 Tonnen Gewicht erfolgt mit Schwerlasttransportern. Das gehört nicht zu unserem Job. Wir schaffen jedoch die nötigen Voraussetzungen, dass die Kabel voraussichtlich im Spätsommer 2024 eingezogen sind, erklärt der PPS-Bauleiter. Nach Abschluss der Arbeiten der Kabelfirmen und nach einem Hochspannungstest erreicht das Vorhaben die Zielgerade. Dann müssen die Muffengruben von PPS wieder verfüllt werden und der Schotter muss dann wieder abgetragen und abgefahren werden.
Februar 2024