Nomen est Omen ist eine lateinische Redensart und bedeutet so viel wie „der Name ist ein Zeichen“, um damit auszudrücken, dass etwas treffend gekennzeichnet wurde. Das gilt auch für Baumaschinen. Doch welche Logik steckt dahinter? Warum beginnen alle Bagger bei Caterpillar mit einer 300er-Nummer? Warum kann ein 950 nur ein Radlader sein? Eingefleischten Fahrern, die seit Jahren Tag für Tag auf ihren Baumaschinen sitzen, mag die Nomenklatur klar wie Kloßbrühe sein. Doch warum sie so notwendig ist, hat uns Tom Zilla verraten. Der Experte berät das Markenteam bei Caterpillar.
Baublatt: Welche Logik steckt hinter den Zahlen und Buchstaben, mit denen Cat Baumaschinen gekennzeichnet werden? Woher kommen sie und was bedeuten sie?
Tom Zilla: Für uns ist die Nomenklatur eine Bezeichnung für unsere Produkte. Es ist die Art und Weise, wie wir mit unseren Kunden über unsere Maschinen und Motoren sprechen – eine gemeinsame Sprache sozusagen. Alle Hersteller verwenden Nomenklatur, auch wenn jedes Unternehmen ein wenig anders vorgeht. Schauen Sie sich nur Ihr Auto oder Ihr Mobiltelefon an. Jedes Produkt hat einen Namen. Das gilt nicht nur für schwere Baumaschinen.
Baublatt: Sie sitzen in der Corporate Brand Group von Caterpillar. Wie hängt die Produktnomenklatur mit der Marke zusammen?
Tom Zilla: Da gibt es eine direkte Verbindung. Die Marke Caterpillar ist dafür bekannt, dass sie stark und geradlinig ist, und das spiegelt sich auch in unseren Produktnamen und unserer Namensstrategie wider. Wir versuchen, unsere Nomenklatur so einfach wie möglich zu halten, die Kontinuität über unsere Produktlinien hinweg zu wahren und das zu nutzen, was unsere Kunden bereits kennen. Einer der Vorteile eines Unternehmens, das es seit fast hundert Jahren gibt, ist, dass viele ganz gut wissen, was wir anbieten. Wir versuchen, es nicht zu kompliziert zu machen.
Baublatt: Apropos Geschichte: Können Sie uns das erste Produkt von Cat nennen, das einen offiziellen Namen hatte? Und welches trägt inzwischen seinen Namen am längsten?
Tom Zilla: Produktbezeichnungen gibt es schon seit der Gründung der Caterpillar Tractor Company im Jahr 1925. Der „Twenty“ war eines der ersten Modelle. Damals ersetzten die Traktoren buchstäblich die Pferde bei der Arbeit, und der Name stand für die Arbeit, die 20 Pferde erledigen konnten. Am ältesten ist die Kennzeichnung der Dozer, die mit einem „D“ beginnen – das reicht weit über 80 Jahre zurück. Die heutigen Cat Raupen tragen immer noch ein „D“ in ihrem Namen.
Baublatt: Wenn die „Zwanzig“ für 20 Pferdestärken steht, sind dann die aktuellen Produktnamen auch mit der Größe und Leistung der Geräte verbunden?
Tom Zilla: In den meisten Fällen ja, obwohl es keine direkte Korrelation gibt. Die Abstufung der Modellnummern richtet sich in der Regel nach der Größe des Produkts. Im Allgemeinen gilt: Je kleiner die Nummer, desto kleiner die Maschine. Je höher das Gewicht, desto höher auch die Modellnummer. In unserer Radlader-Familie liegt der 950 zum Beispiel in der Mitte der Produktpalette, die ein 995 nach oben und ein 901 nach unten abrunden. Ähnlich verhält es sich bei den Stromaggregaten. Einige Modellnummern von Stromaggregaten sind mit der Leistung verknüpft, andere mit den Motormodellen. Bei den Motoren ist es das Gleiche. Der Hubraum wächst mit vielen Modellnummern.
Baublatt: Können Sie uns den Prozess der Nomenklatur und Namensfindung für ein neues Produkt erläutern?
Tom Zilla: Produktidentität und Nomenklatur sind bei Caterpillar Teil unseres Prozesses zur Einführung neuer Produkte (NPI). Auf diese Weise verwalten wir eine Produkteinführung von Anfang bis Ende. Wenn es sich um ein völlig neues Produkt handelt, arbeiten wir eng mit dem Produktentwicklungsteam zusammen, um Marktforschung zu betreiben und zu erfahren, was sich in der Branche bereits durchgesetzt hat. Unsere Kunden wollen keine Zeit damit verschwenden, einen Namen zu übersetzen. Wenn es sich um eine Generationserweiterung eines bestehenden Produkts handelt, ist das natürlich einfacher. Wir wollen auf dem Wert aufbauen, der bei vielen dieser Maschinen und Motoren, die es schon seit Jahrzehnten gibt, bereits vorhanden ist.
Baublatt: Einige Unternehmen verwenden die Zahl 13 nicht, weil sie mit Unglück assoziiert wird. Gibt es irgendwelche Zahlen oder Buchstaben, die Caterpillar in der Produktnomenklatur vermeidet?
Tom Zilla: Wir neigen dazu, den Buchstaben „I“ zu vermeiden, weil er leicht mit der Zahl „1“ verwechselt werden kann. Und in manchen Fällen vermeiden wir bestimmte Zahlen oder Buchstabenkombinationen aufgrund unterschiedlicher kultureller Bedeutungen oder Wahrnehmungen. Das Ziel ist immer, es für den Kunden klar und einfach zu machen.
Baublatt: Sie haben in den letzten Jahren einige Änderungen an der Nomenklatur vorgenommen, vor allem die Abschaffung der Buchstabenbezeichnungen bei einigen Maschinen. Weshalb?
Tom Zilla: Wir haben früher Serienbuchstaben verwendet, um die Unterschiede zwischen den Produktgenerationen zu kennzeichnen. Der 740C zum Beispiel war die dritte Generation dieses knickgelenkten Dumpers; als wir die vierte Generation einführten, nannten wir sie 740D. Es ist grundsätzlich ein gutes System, das von vielen unserer Kunden geliebt wurde, aber uns gingen allmählich die Buchstaben im Alphabet für einige unserer Produktlinien aus. Das sind Probleme, die man hat, wenn man bald seit einem Jahrhundert im Geschäft ist. Angesichts der Häufigkeit der Aktualisierungen und Änderungen bei einigen Maschinen wurde uns klar, dass die Verwendung von Serienbuchstaben in Zukunft nicht mehr tragbar war. Wir mussten längerfristig denken. Deshalb haben wir den Serienbuchstaben abgeschafft. Auf dem PIN-Schild jedes Produkts befindet sich jedoch eine dreistellige Baunummer, welche die Generation angibt, sodass diese Information für die Kunden weiterhin verfügbar ist, wenn sie diese benötigen.
Baublatt: Woher rührt die Ergänzung der Buchstaben „GC“ und „XE“?
Tom Zilla: Diese Buchstaben sollen den Kunden helfen, zwischen verschiedenen Ausstattungsniveaus zu unterscheiden, ähnlich wie die Ausstattungsniveaus in der Autoindustrie. Wenn Kunden „GC“ auf einer Maschine sehen, zeichnet sich diese durch die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit aus, die sie von Caterpillar erwarten, sowie durch niedrige Betriebskosten, grundlegende Funktionen und einfache Technologie. „XE“ steht für unsere erstklassigen, marktführenden Modelle – diejenigen, die das höchste Niveau an Technologie, Produktivität und Kraftstoffeffizienz aufweisen. Dazwischen liegen unsere Leistungsmodelle.
Baublatt: Auf der bauma 2022 waren erstmals Modelle zu sehen, die ein blaues Sechseck anstelle eines roten trugen. Was will Caterpillar damit ausdrücken?
Tom Zilla: Es soll darauf hinweisen, dass es sich um ein vollständig elektrifiziertes Produkt handelt. Einige Kunden haben wahrscheinlich die blaue Nomenklatur und die Grafiken auf unseren Prototyp-Maschinen auf verschiedenen Messen oder auf Fotos in Pressemitteilungen in den letzten Monaten gesehen. Wir haben uns für die Farbe Blau entschieden, um unser einzigartiges Angebot bei unserem Antriebsstrang zu präsentieren und unsere vollelektrischen Maschinen auf der Baustelle zu kennzeichnen.
Baublatt: Was ist Ihr Tipp für jemand, der versucht, die Nomenklatur von Cat Produkten zu entschlüsseln? Tom Zilla: Nicht zu viel darüber nachdenken. Wer sich erst einmal mit einer bestimmten Produktlinie beschäftigt hat, wird es sehr einfach finden. Und wenn Sie Fragen haben, ist Ihr Händler immer da, um Ihnen zu helfen, die Unterschiede zwischen den Produkten zu verstehen und herauszufinden, welches Produkt am besten für Ihren Betrieb geeignet ist.
Mai 2024